Ein Bürger hat gegen die Datenschutzbehörde einen Anspruch auf Einschreiten, wenn ein entsprechendes zivilgerichtliches Urteil vorliegt (VG Wiesbaden, Urt. v. 27.09.2021 - Az.: 6 K 549/21.WI).
Der Kläger war Kunde bei einer Bank. Es kam zu Zahlungsschwierigkeiten und einer Meldung an die SCHUFA. Der Kläger klagte dagegen vor dem Landgericht. Die Parteien schlossen dahingehend einen Vergleich, dass der Negativeintrag bei der SCHUFA gelöscht werden sollte. Die SCHUFA beseitigte den Eintrag jedoch nicht.
Der Kläger wandte sich an den Hessischen Datenschutzbeauftragten und forderte unter Hinweis auf den gerichtlichen Vergleich, dass die Behörde entsprechende Maßnahmen ergreife, damit sein SCHUFA.-Eintrag gelöscht werde. Die Behörde lehnte dies ab, weil sie der Ansicht war, dass keine DSGVO-Verletzung vorliege und der gerichtliche Vergleich unerheblich sei. Entscheidend sei die objektive Rechtslage.
Dieser Ansicht hat das VG Wiesbaden eine klare Absage erteilt und die Datenschutzbehörde verpflichtet, entsprechend gegen die Wirtschaftsauskunftei vorzugehen.
Ein Bürger habe zwar grundsätzlich keinen Anspruch auf ein bestimmtes Einschreiten. Hier liege jedoch ein Ausnahmefall vor, bei dem das Ermessen der Behörde auf null reduziert sei:
"Ein Abstellen des Beklagten allein auf Art. 6 Abs. 1 UA 1 lit. b) und f) DS-GVO i.V.m. § 31 BDSG n.F. i.V.m. den Verhaltensregeln der Auskunfteien führt insoweit zu einem vollständigen Ermessensausfall des Beklagten.
Vorliegend sind vielmehr die Voraussetzungen zur Löschung nach Art. 17 Abs. 1 lit. a) und d) DS-GVO gegeben. Bereits die Frage der rechtmäßigen Einspeicherung der streitgegenständlichen Daten durch einen Rechtsdienstleister wirft berechtigte Zweifel an der Zulässigkeit der Datenweitergabe im Rahmen einer Auftragsverarbeitung an die Beigeladene zu 1. auf.
Spätestens jedoch nach Vorlage des zivilgerichtlichen Vergleichs ergibt sich zwingend, dass die ursprünglich zu Recht oder zu Unrecht gespeicherten Daten, die von der Beigeladenen zu 2. stammen, bei der Beigeladenen zu 1. nicht mehr rechtmäßig gespeichert werden."
Und weiter:
"Hätte der Beklagte sein Ermessen im Sinne der DS-GVO selbst ausgeführt, wäre er zu keinem anderen Ergebnis gekommen."
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Die vorliegende Entscheidung ist eine der wenigen Ausnahmefälle, wo die Rechtsprechung einen Anspruch des Bürgers gegen eine Datenschutzbehörde auf ein bestimmtes Einschreiten bejaht. Die überwiegende Rechtsprechung gewährt nämlich herkömmlicherweise nur einen Anspruch auf ein ermessensfehlerfreies Handeln des Amtes.
In der hier besprochenen Konstellation bejaht das Gericht jedoch eine sogenannte Ermessensreduzierung auf null, sodass die Datenschützer verpflichtet sind, gegen den SCHUFA-Eintrag behördlich vorzugehen.