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Kategorie: Onlinerecht

OLG Stuttgart: Online-Werbung für "Sanitär- und Heizungsnotdienst" unzulässig, wenn keine Eintragung in die Handwerksrolle vorliegt

Ein Unternehmen, das einen Klempner- oder Heizungsnotdienste anbietet, muss in der Handwerksrolle eingetragen sein, um online werben zu dürfen.

Auch ein Unternehmen, das einen "Notdienst" für Klempner- oder Heizungsarbeiten anbietet, muss in die Handwerksrolle eingetragen sein (OLG Stuttgart, Beschl. v. 06.05.2024 - Az.: 2 U 70/23).

Der verklagte Unternehmen warb online als Klempner-, Sanitär-, Rohrbruch- und Heizungsnotdienst, obwohl es nicht in der Handwerksrolle für das Installateur- und Heizungsbauerhandwerk eingetragen war. Es verteidigte sich damit, dass diese Notdienste nicht in den Bereich der Handwerkrollen- Tätigkeiten fielen.

Das OLG Stuttgart sah dies anders und bejahte einen Wettbewerbsverstoß.

1. Fehlende Eintragung in Handwerksrolle ist Wettbewerbsverletzung:

Übe eine Firma Tätigkeiten aus, die eine Eintragung in die Handwerksrolle erforderten, sei dies wettbewerbswidrig:

“Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die §§ 1, 7 HandwO Marktverhaltensregeln im Sinne des § 3a UWG darstellen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 29. April 2020 – 2 U 10/20, juris Rn. 52).”

2. Auch Notdienste fallen in den Anwendungsbereich:

Die Stuttgarter Richter folgten nicht der Ansicht des Beklagten, sondern sahen auch Handwerksleistungen, die als Notdienste erbracht würden, als eintragungspflichtig an:

"Weiter hat das Landgericht überzeugend festgestellt, dass der Beklagte mit den streitgegenständlichen Werbeangaben und der Durchführung der entsprechenden Tätigkeiten gegen § 1 HandwO verstoßen hat.

Nach § 1 Absatz 1 S. 1 HandwO ist der selbständige Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks als stehendes Gewerbe nur den in der Handwerksrolle eingetragenen Personen gestattet. (...) Was wesentliche Tätigkeiten sind, ist in der Handwerksordnung nicht definiert und lässt sich auch nicht eindeutig aus den Prüfungs- und Ausbildungsordnungen heraus feststellen; diesen kommt hinsichtlich der „wesentlichen Tätigkeiten“ allenfalls Indizwirkung zu.

Außerdem gewichten gerade sie in ihrem Wortlaut nicht nach  „wesentlichen“ und  „unwesentlichen“ Tätigkeiten  (OLG Stuttgart, a. a. O., Rn. 58). Die „wesentlichen Tätigkeiten“ werden vielmehr mit dem sog. Kernbereichskriterium bestimmt (OLG Stuttgart, a. a. O., Rn. 59). Dabei ist der Begriff der wesentlichen Tätigkeit nicht quantitativ zu verstehen. Es kommt nicht darauf an, wieviel derartige Tätigkeiten in dem Betrieb anfallen, sondern welcher Qualität die anfallende Tätigkeit ist. Wesentliche Tätig- keiten müssen daher nicht mehr oder vielfältige Aktivitäten be- inhalten. Bereits eine einzige wesentliche Tätigkeit begründet die Zulassungspflicht (OLG Stuttgart, a. a. O., Rn. 74)."

Und weiter:

"Nach diesen Maßstäben führt der Beklagte eine „wesentliche Tätigkeit“ des Installateur- und Heizungsbauerhandwerks aus. Der Beklagte räumt selbst ein, dass die von ihm ausgeübten Tätigkeiten unter § 2 Ziffer 12 der Meisterprüfungsverordnung für das Installateur- und Heizungsbauerhandwerk fallen. 

Gerade die Fehler- und Störungssuche sowie das Ergreifen von entsprechenden Maßnahmen und die Bewertung der Ergebnisse prägen das Installateur-  und  Heizungsbauerhandwerk.  Richtig weist das Landgericht darauf hin, dass sich aus Tätigkeiten im Rahmen eines Notdienstes keine Einschränkung ergibt. Dies trifft umso mehr zu, als sich aus der in der Berufungsinstanz vorgelegten Anlage BK 1 ergibt, dass der Beklagte ausweislich seiner Werbung nicht nur die Fehlersuche übernimmt, sondern auch die schnelle Reparatur der Heizungsanlage. 

Unter diesen Umständen liegt auch die Annahme eines Minderhandwerks im Sinne von § 1 Absatz 2 HandwO fern. 

Folgerichtig hat das Landgericht ausgeführt, dass der Verstoß im Sinne von § 3a UWG spürbar ist (…) und auf Grund des Erstverstoßes die erforderliche Wiederholungsgefahr vorliegt."

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