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Kategorie: Onlinerecht

LG Köln: Vertragsgenerator Smartlaw ist RDG-Verstoß und somit wettbewerbswidrig

Der Vertragsgenerator Smartlaw  ist ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) und somit wettbewerbswidrig (LG Köln, Urt. v. 08.10.2019 - Az.: 33 O 35/19).

Bei der Auseinandersetzung ging es um die Frage, ob der Vertragsgenerator Smartlaw  des Verlages Wolters Kluwer  zulässig ist. Mit dem Angebot können Kunden online automatisiert Vertragsdokumente erstellen und sehr genau auf ihre individuellen Angebote anpassen.

Außerdem bewarb der Anbieter sein Produkt mit den Aussagen

"Günstiger und schneller als der Anwalt“

und

„Rechtsdokumente in Anwaltsqualität“

und

„Individueller und sicherer als jede Vorlage und günstiger als ein Anwalt“

und

„Unsere Partner: Top-Anwälte und Spitzenkanzleien“ und

Das LG Köln stufte sowohl das Produkt als auch die Werbung als wettbewerbswidrig ein.

Das Angebot an sich verstoße gegen das RDG, da hierdurch Rechtsdienstleistungen angeboten würden, ohne dass eine entsprechende Anwaltszulassung vorliege.

Das Gericht ist der Ansicht, dass durch den umfangreichen Fragenkatalog eine individualisierte Leistung vorliege:

"Entscheidende Bedeutung erlangt hierbei nach Dafürhalten der Kammer, dass die (...) Produkte (...) einen hohen Grad der Individualisierung aufweisen. Die vom Nutzer abgefragten Angaben erschöpfen sich nicht in allgemeinen Daten (wie etwa Adressdaten oder Angaben zur Vergütungshöhe), sondern betreffen spezifische Fragen zum Gegenstand und zur Reichweite des zu erstellenden Vertrages. Der Fragenkatalog für einen Lizenzvertrag Bild/Film umfasst etwa knapp 30 Fragen, jener für einen Grafikdesignervertrag knapp 40 Fragen.

Dies geht über das Format eines klassischen Formularhandbuchs erheblich hinaus und kann auch nicht nur als weiterentwickelte digitale Formularsammlung begriffen werden. Das Formularhandbuch beinhaltet nämlich eine rein abstrakte Behandlung von Rechtsfragen mit unterschiedlichen Lösungsvorschlägen.

Der Nutzer eines Formularhandbuchs ist dabei gehalten, anhand der in dem Formularhandbuch enthaltenen allgemeinen Hinweise einen für sich passenden Vertragstext zusammenzustellen. Er ist derjenige, der die abstrakten Informationen selbst in ein konkretes Dokument transferiert."

Das Gericht bildet dabei auch nachfolgende Parallele:

"Für die Annahme einer „konkreten“ Angelegenheit spricht ferner, dass auch bei menschlicher Beratungsleistung im Rahmen einer Vertragsgestaltung die Grenze zur Rechtsdienstleistung dann überschritten wird, wenn der Dienstleister auf Wunsch des Kunden die im Formular vorgegebenen rechtlichen Regelungen überprüft und Alternativen vorschlägt (...).

Würden die von der Beklagten angebotenen Rechtsdokumente im Rahmen einer Telefon-Hotline angeboten, bei denen die Callcenter-Mitarbeiter den im Erstellprozess der (...)-Produkte herangezogenen Fragen-Antwort-Katalog mit den Kunden zunächst durchgingen und dann (bspw. unter Verwendung des Vertragsgenerators) das Endprodukt erstellten und dem Nutzer zum Verkauf anböten, erschiene wenig zweifelhaft, dass eine solche Dienstleistung auf eine konkrete Rechtsangelegenheit bezogen ist.

Die Tatsache, dass das Dazwischensschalten eines menschlichen Verkaufsagenten im Geschäftsmodell der Beklagten technisch entbehrlich geworden ist, kann kein tragfähiges Argument dafür sein, das Tatbestandsmerkmal der „konkreten Angelegenheit“ in Frage zu stellen."

Die getätigten Werbeaussagen seien irreführend, weil für ein Produkt geworben werde, was gar nicht angeboten werden dürfe. Bereits aus diesem Grunde liege eine Irreführung vor. Daran ändere auch nichts der Disclaimer auf der Webseite:

"Die Beklagte hat zwar auf ihrer Homepage einen Hinweis („Disclaimer“) vorgenommen, wonach sie keine Rechtsberatung anbietet. Dieser Hinweis steht indes in Widerspruch zu der tatsächlich von ihr erbrachten Beratungsleistung. Er ist nicht geeignet, aus der Irreführung des angesprochenen Verkehrs herausführen. Denn die relevante Irreführung des Verkehrs besteht nicht hinsichtlich der Frage, ob die Beklagte allgemein berechtigt ist, Rechtsdienstleistungen erbringen zu dürfen bzw. beabsichtigt, derartige Leistungen zu erbringen. Entscheidend ist vielmehr, dass die Beklagte wegen des aufgezeigten Verstoßes gegen das RDG nicht zur Erbringung der beworbenen Leistungen berechtigt ist und der Verkehr hierüber getäuscht wird."

Smartlaw hat angekündigt, gegen die Entscheidung Rechtsmittel einzulegen 

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