Die Werbung für ein Wein mit der Aussage "Reduziert Deinen CO2-Fussabdruck" ist irreführend, wenn die Reduzierung nur durch die Herstellungsweise der Flasche geschieht, der Inhalt (hier: Wein) aber keinen Beitrag leistet. Um einen Wettbewerbsverstoß zu vermeiden, bedarf es eines transparenten Hinweises, der den Verbraucher die näheren Umstände erläutert (OLG Nürnberg, Beschl. v. 15.11.2023 - Az.: 3 U 1722/23).
Die Beklagte warb für ihren Wein auf der Vorderseite des Produktes mit der Aussage
“XY reduziert Deinen CO2-Fussabdruck”
Direkt neben der Aussage befand sich zwei Bilder: Ein grünes Blatt und ein rechteckiges Symbol, welches eine stilisierte Flasche mit dem Text “ECO2Bottle” wiedergab. Auf der Rückseite der Flasche befand sich der erläuternde Hinweis:
"ECO2Bottle:
Neben dem sehr hohen Einsatz von Altglas und der Nutzung von Öko-Strom reduziert die ECO2Bottle die Immissionen im Vergleich zu einer Standardweinfalsche um mehr als 30 %."
Das OLG Nürnberg stufte diese Art als irreführend und somit als Wettbewerbsverstoß ein.
Denn durch die getroffene Werbeaussage gehe der Verbraucher davon aus, dass (auch) der Wein an sich an der CO2-Reduzierung einen Anteil habe:
"Wesentliche Teile der Durchschnittsverbraucher verstehen die streitgegenständliche Werbung dahingehend, dass die Produktion des in der Flache befindlichen Weins von einer besonderen CO2-emissionsarmen Produktionsmethode gekennzeichnet ist.
Dies ergibt sich zum einen aus dem Gesamteindruck des Etiketts auf der Vorderseite der Weinflasche, das im Wesentlichen aus einem stilisierten Fußabdruck mit der beanstandeten Werbeaussage in Verbindung mit aus diversen Umweltsymbolen stilisierten Zehen besteht. Insbesondere die stilisierten Pflanzenblätter und insbesondere das abgebildete Pflänzchen in der geöffneten Hand legen für den adäquat aufmerksamen Verbraucher den Schluss nahe, dass sich die CO2–Reduzierung auf den Pflanzenanbau bezieht.
Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass der Verbraucher bei dem Erwerb eines Produkts davon ausgeht und auch daran gewöhnt ist, dass sich die das Vorderseitenetikett prägenden Angaben auf das Produkt selbst und nicht auf dessen Verpackung beziehen. Denn die zu treffende Entscheidung über den Kauf einer Ware wie beispielsweise eines Weines wird überwiegend von den Leistungsmerkmalen des Produkts selbst abhängig gemacht, weshalb auch das Informationsinteresse des Verbrauchers vorrangig diesbezügliche Merkmale erfasst."
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Tatsache, dass nähere Erläuterungen auf der Rückseite abgedruckt seien:
"Zwar ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Verbraucher bei Produkten wie Lebensmitteln regelmäßig nicht nur die Schauseite einer Packung, sondern auch die an anderer Stelle angebrachten Informationen wahrnehmen wird (…). Etwas anderes muss jedoch bei einer blickfangmäßig herausgestellten Angabe in einer Werbung, die bei isolierter Betrachtung eine fehlerhafte Vorstellung vermittelt, gelten; in einem solchen Fall kann der dadurch veranlasste Irrtum nur durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden, der selbst am Blickfang teilhat (…).
Im vorliegenden Fall ist eine derartige Blickfangwerbung gegeben. Bei einer derartigen Werbung sind im Rahmen einer Gesamtankündigung einzelne Angaben im Vergleich zu den sonstigen Angaben bildlich, farblich, graphisch oder sonst drucktechnisch besonders herausgestellt, um durch ihre Betonung die Aufmerksamkeit des angesprochenen Verkehrs auf sich zu ziehen."
Da die Beklagte somit hervorgehoben mit der Öko-Bilanz geworben habe, müsse die Aufklärung auch in räumlich unmittelbarer Nähe, also auf der Vorderseite der Flasche und nicht auf der Rückseite erfolgen:
"Diese Voraussetzungen liegen bei der Angabe „(…) REDUZIERT DEINEN CO2 FUSSABDRUCK“ vor, da nahezu das gesamte Etikett auf der Vorderseite des Weins aus dem stilisierten Fußabdruck mit der streitgegenständlichen Werbeangabe in Verbindung mit aus diversen Umweltsymbolen stilisierten Zehen besteht. Die Angabe ist somit im Vergleich zu den sonstigen Angaben drucktechnisch besonders herausgestellt und aufgrund des Gesamteindrucks als schlagwortartige Aufmerksamkeitswerbung einzustufen (…).
Daher muss entweder bereits auf der Vorderseite des Etiketts der Weinflasche ein aufklärender Hinweis erfolgen, der dem Verbraucher hinreichend deutlich vor Augen führt, dass allein die Flasche den behaupteten ökologischen Vorteil liefert, oder es muss ein Sternchenhinweis vorhanden sein, der eine eindeutige Zuordnung zwischen den herausgestellten Angaben und den ergänzenden Produktinformationen ermöglicht.
Diesen Anforderungen wird die Gestaltung der streitgegenständlichen Weinflasche nicht gerecht, da jegliche Zuordnung der auf dem rückseitig angebrachten Etikett vorgehaltenen Informationen zu der auf der Vorderseite farblich und auch im Übrigen prominent beworbenen CO2-Reduzierung fehlt. Auch unter Berücksichtigung des auf dem Vorderetikett abgebildeten Symbols einer Flasche mit dem Text „ECO2Bottle“, das sich auch auf dem Rückseitenetikett befindet, hat der Durchschnittsverbraucher keinen hinreichenden Grund zu der Annahme, dass die auf der Rückseite erteilten Informationen sich auf das vorderseitig beworbene CO2-Einsparpotenzial beziehen. Wegen der fehlenden Teilnahme dieser Einschränkung am Blickfang erweist sich daher der über das Vorderseitenflaschenetikett blickfangmäßig vermittelte Eindruck als wettbewerbswidrig."