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Kategorie: Markenrecht

OLG Nürnberg: Werbeaussage "Happy Bärsday" für 100-jähriges Produkt-Jubiläum keine markenmäßige Nutzung = keine Markenverletzung

Die Bezeichnung "HAPPY BÄRSDAY" zur Feier von 100 Jahren Haribo Goldbären ist keine markenmäßige Verwendung und verletzt daher keine fremden Markenrechte.

Wird die Bezeichnung "HAPPY BÄRSDAY" zur Verdeutlichung eines Produktjubiläums verwendet (hier: 100 Jahre Haribo Goldbären), liegt darin keine markenmäßige Verwendung, sodass ein Markenverletzung ausscheidet (OLG Nürnberg, Beschl. v. 19.06.2024 - Az.: 3 U 2541/23). 

Die Klägerin war Inhaberin der Marken 

"HAPPY BEAR'S DAY" 

und 

"HAPPY BEARS DAY",

die für Fruchtgummis eingetragen waren. 

Die Beklagte war ein weltweit führendes Unternehmen im Fruchtgummibereich und vertrieb u.a. die bekannten “Haribo Goldbären”. Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums ihrer bekannten Goldbären nutzte sie die Zeichen

 "HAPPY BÄRSDAY" 

und "

"HAPPY 100th BEARSDAY" . 

auf ihren Verpackungen und in Anzeigen offline und online.

Die Klägerin sah darin eine Markenverletzung und ging gegen die Nutzung gerichtlich vor.

Zu Unrecht, wie nun das OLG Nürnberg entschied.

Die Verwendung der Werbeaussage geschehe nicht markenmäßig, sondern sei viel mehr als sachlicher Hinweis auf das 100-jährige Bestehen zu verstehen.  

Das Wording sei auch eine Anspielung an das bekannte “Happy Birthday” zu verstehen.

Gegen eine markenmäßige Verwendung spreche auch die Platzierung der Worte auf der Umverpackung. So würden die Zeichen an markenuntypischen Stellen, wie der Rückseite der Verpackung angebracht, wo Verbraucher üblicherweise keine Herkunftshinweise erwarteten:

"Auch die angegriffenen Wortkombinationen „HAPPY BÄRSDAY“ bzw. „HAPPY 100th BEARSDAY“ weisen im Rahmen der konkreten Benutzung durch die Beklagte – sowohl auf den Verpackungen selbst als auch in den streitgegenständlichen Werbemaßnahmen – deutlich beschreibende Anklänge auf.

Mit diesen Zeichen wird für die angesprochenen Verkehrskreise erkennbar auf das im Jahr 2022 gefeierte 100-jährige Jubiläum der „... Goldbären“ Bezug genommen. 

Der Durchschnittsverbraucher versteht sie jeweils als Geburtstagsgruß für den „Bären“, weil für ihn deutlich erkennbar der Wortbestandteil „BIRTH“ durch „BÄRS“ bzw. „100th BEARS“ ersetzt wurde. Beide Zeichen lehnen sich erkennbar an den englischen Geburtstagsgruß „HAPPY BIRTHDAY“ („Alles Gute zum Geburtstag“) an, welcher dem deutschen Verbraucher allgemein geläufig ist. Mit den Wortfolgen assoziieren die angesprochenen Verkehrskreise in den hier in Rede stehenden Fällen daher die anlassbezogene Abwandlung des Geburtstagsgrußes „Happy Birthday“ für Gummibärchen. Beim Zeichen „HAPPY 100th BEARSDAY“ verstärkt der Zeichenbestandteil „100th“ noch zusätzlich den Hinweis auf den „100.“ Geburtstag des Goldbären. (…)

Bei der Anzeige in der Lebensmittelzeitung ist die Wortfolge „HAPPY BÄRSDAY“ im Kontext der weiteren dekorativen Gestaltungsmittel zu betrachten. Dazu gehören insbesondere die große abstrakte GOLDBÄREN-Figur mit Partyhut, die zahlreich abgebildeten Luftschlangen, welche den Feieranlass graphisch unterstreichen, und der prominente erläuternde Hinweis: „Die Ikone wird 100 … und ganz Deutschland feiert mit!“

Und weiter:

"Auch der Screenshot des Internetauftritts der Beklagten mit dem Gewinnspiel enthält zusätzliche sachliche Hinweise, die verdeutlichen, dass sich der angegriffene Spruch „HAPPY BÄRSDAY“ auf das 100-jährige Jubiläum der GOLDBÄREN beziehen soll. Es handelt sich dabei um das Symbol einer abstrakten GOLDBÄREN-Figur mit Partyhut und Slogan „100 Jahre GOLDBÄREN“, den GOLDBÄR-Character mit Partyhut sowie die Angabe „Party-Stufe 1“ mit dem Text „Let’s Party: Feiert mit unseren […] Goldbären Happy Bärsday und freut Euch auf bärenstarke Gewinne“. 

Zu berücksichtigen ist auch, dass sich schon aus der Webseiten-URL “www.(…).com/de-de/gewinnen/geburtstag” ergibt, dass es sich um ein Geburtstagsgewinnspiel handelt. Schließlich erkennt der Verkehr, wenn er die beanstandete Webseite weiter herunterscrollt, zahlreiche weitere Hinweise auf das Jubiläum, wie beispielsweise: „Wir feiern Happy Bärsday und Ihr seid alle eingeladen“ oder „Bärsdays ohne Ende: Ein Jahr lang feiern wir alle zwei Monate eine andere Goldbären-Farbe und verlosen neue bunte Gewinne“.

Der von der Klägerin angegriffene Ausschnitt des TV-Werbespots „100 Jahre Goldbären“ enthält den hervorgehobenen Hinweis „Die GOLDBÄREN werden 100“ und einen GOLDBÄREN mit Partyhut direkt hinter dem angegriffenen Zeichen „HAPPY BÄRSDAY“. Außerdem trägt der auf der Videoplattform www...com dargestellte TV-Spot den Titel „... TV-Spot zu 100 Jahre Goldbären“."

Das OLG Nürnberg fasst dann noch einmal die tragenden Gründe für seine Entscheidung zusammen:

"Die erforderliche Gesamtwürdigung der maßgeblichen Einzelumstände ergibt im vorliegenden Fall jedoch, dass die angegriffenen Zeichen vom angesprochenen Durchschnittsverbraucher überwiegend als – auf einen beschreibenden Kern zurückführbarer – Jubiläumshinweis in der Art eines Werbeslogans verstanden werden, welche die Beklagte ersichtlich wegen dem – auch mit dem Sprachwitz verbundenen – Wiedererkennungswert für die Jubiläumsedition der „... Goldbären“, aber nicht als Hinweis auf die Herkunft des Produkts verwendet. 

Denn es handelt sich bei den Zeichen nicht nur um ein witziges Wortspiel mit auf einen aktuellen Anlass hinweisenden Anklang. Vielmehr wird die in „HAPPY BÄRSDAY“ bzw. „HAPPY 100th BEARSDAY“ enthaltene Botschaft als auf einen begrenzten Zeitraum bezogenes Jubiläumsmotto von anderen Text- bzw. Bildelementen begleitet, welche diese durch Hinweise auf das 100-jährige Geburtstagsjubiläum der Beklagten inhaltlich unterstützen, weshalb aufgrund der Eigenart der Zeichen in dem konkreten Verwendungszusammenhang eine andere, nicht markenmäßige Bedeutung für den Durchschnittsverbraucher ganz in den Vordergrund tritt. 

In diesem Fall wird der Durchschnittsverbraucher nicht den Schluss ziehen, die Glückwunschbotschaft solle zugleich auch für die in ihr verpackten Gummibären als Herkunftshinweis dienen. Nicht außer Acht gelassen kann in diesem Zusammenhang, dass sich die streitgegenständlichen Wortfolgen weniger auf die Art des so bezeichneten Fruchtgummis – insbesondere die Form oder den Geschmack – als die obengenannten Beispiele für witzige Ausdrücke und Wortspiele beziehen."

 

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