Eine Werbeaussage wie "20 g Proteingehalt pro 200 g Becher" auf einem Pudding außerhalb des Zutatenverzeichnisses stellt einen Wettbewerbsverstoß dar, da diese Angaben nicht isoliert von den übrigen Nährwertangaben aufgeführt werden dürfen (OLG Hamburg, Beschl. v. 30.07.2024 – Az.: 3 U 82/23).
Das verklagte Unternehmen bot einen Pudding an, den sie auf dem Deckel und an der Seite mit den Worten bewarb:
"20 g Proteingehalt pro 200 g Becher"
Die anderen Nährwertangaben waren weiter hinten platziert.
Das LG Hamburg (Urt. v. 23.11.2023 - Az.: 312 O 256/22) sah darin einen Wettbewerbsverstoß und verurteilte die Beklagte zur Unterlassung, vgl. unsere Kanzlei-News v. 08.04.2024.
Im Berufungsverfahren schloss sich das OLG Hamburg nun diesem Standpunkt an und sah ebenfalls eine Rechtsverletzung:
"Die Beklagte hat gegen Art. 30 Abs. 3 LMIV verstoßen.
(…) Soweit die Beklagte in der Berufungsbegründung meint, der Anwendungsbereich des Art. 30 Abs. 3 LMIV sei „bei nährwertbezogenen Angaben im Sinne der HCVO“ nicht eröffnet, folgt der Senat dem nicht.
Diese Ansicht wird auch nicht von den Literaturstimmen geteilt, die die Beklagte in der Klageerwiderung zitiert hat und auf die sie in der Berufungsbegründung verweist. In der Klageerwiderung hatte die Beklagte diese Literaturstimmen vielmehr noch zutreffend dahingehend zusammengefasst, „dass Art. 30 Abs. 3 LMIV nicht für zulässige nährwertbezogene Angaben im Sinne der HCVO gilt“. Eine wiederholende nährwertbezogene Angabe ist demnach nur dann nicht wegen eines Verstoßes gegen Art. 30 Abs. 3 LMIV zu verbieten, wenn sie nach der HCVO zulässig ist."
Eine andere rechtliche Einschätzung ergebe sich auch nicht daraus, dass die Aussage nach der Health-Claims-Verordnung (HCVO) zulässig sei:
"Die Angabe „20g PROTEINGEHALT PRO 200G BECHER“ ist nicht nach Art. 8 Abs. 1 HCVO zulässig, auch wenn es sich dabei entgegen der Ansicht des Landgerichts um eine nährwertbezogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 HCVO handelt.
Nach dem Anhang zur HCVO ist die Angabe, ein Lebensmittel habe einen „hohen Proteingehalt“, sowie jegliche Angabe, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat, nur zulässig, wenn auf den Proteinanteil mindestens 20 % des gesamten Brennwerts des Lebensmittels entfallen. Die Angabe „20g PROTEINGEHALT PRO 200G BECHER“ trifft jedoch keine Aussage zum Anteil des Proteins am Brennwert, sondern zum Anteil des Proteins an der Gesamtmasse des Puddings in einem Becher. Der Massenanteil des Proteins ist für die Frage, ob das Lebensmittel einen „hohen Proteingehalt“ im Sinne des Anhangs zur HCVO hat, allein noch nicht aussagekräftig.
Zwar lässt sich aus dem Masseanteil der Brennwert des Proteinbestandteiles errechnen, das Verhältnis zum Gesamtbrennwert lässt sich indes nur bestimmen, wenn der Gesamtbrennwert des Produktes bekannt ist, wie es die Beklagte in der Klagerwiderung selbst ausgeführt hat. Die Angabe „20g PROTEINGEHALT PRO 200G BECHER“ erläutert daher nicht lediglich die Angabe „HIGH PROTEIN“, sondern stellt ihr die gesonderte, durch die HCVO nicht zugelassene Aussage an die Seite, dass der Massenanteil des Proteins am Pudding 20g von 200g, also 10 %, betrage.
Dass diese Angabe, wie die Beklagte in der Klageerwiderung und Berufungsbegründung geltend gemacht hat, aus Verbrauchersicht einen Hinweis auf einen „hohen Proteingehalt“ des Puddings darstelle, verdeutlicht die fehlende Zulässigkeit der Angabe nach Art. 8 Abs. 1 HCVO, denn der Proteingehalt darf gerade nicht wegen dieses Massenanteils als „hoch“ bezeichnet werden."
Das Rechtsmittelverfahren vor dem BGH (Az.: I ZR 154/24) läuft.