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Kategorie: Onlinerecht

BGH: Zwei parallele Online-Bestellungen benötigen keine getrennten Bestellbuttons, müssen aber als zwei Bestellungen erkennbar sein

Für parallele Online-Bestellungen genügt ein einziger Bestellbutton, wenn klar erkennbar ist, dass es sich um zwei Bestellungen handelt.

Zwei parallele Online-Bestellungen benötigen keine getrennten Bestellbuttons. Es muss aber für den Verbraucher erkennbar sein, dass es sich um zwei Bestellungen handelt (BGH, Urt. v. 04.06.2024 - Az.: X ZR 81/23).

Die Beklagte bot online Flugreisen an. Bei Bestellung konnten Kunden zusätzlich eine kostenpflichtige Prime-Mitgliedschaft abschließen, wodurch sich der Preis für die Reise reduzierte.

Der Bestellablauf war wie folgt: Nach Auswahl der konkreten Reise wurde dem Nutzer folgender Text angezeigt:

"Kostenloses 30-Tage-Probeabo 
Testen Sie unser Rabatt-Abonnement 30 Tage lang kostenlos! Nur 74,99 € im Folgejahr. Rabatte auf 100 % der Flüge und Hotels. Jederzeit kündbar. Andernfalls wird das Probeabo nach Ablauf von 30 Tagen automatisch auf ein kostenpflichtiges Abonnement aktualisiert."

Wählte der User diese Option, wurde der Preis für die Flugreise entsprechend reduziert.

Auf der Checkout-Seite hieß es dann:

“30-Tage-GRATIS-Probeabo Herzlichen Glückwunsch [...]! Mit Ihrem 30-Tage Prime Gratis-Probeabo sparen Sie [...] € bei diesem Flug.”

 Es erschien der Preis für den Flug und der Button mit dem Text “Jetzt kaufen”. Darunter stand folgender Text:

"Ich habe jeweils die O. allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Tarifbedingungen der Airline und die Datenschutzrichtlinie gelesen und akzeptiere diese.  Durch Anklicken autorisieren Sie O., ein Prime-Benutzerkonto mit der eingegebenen E-Mail-Adresse zu erstellen. 

AGB Prime."

Die Beklagte buchte daraufhin vom Konto der Klägerin die Flugreise-Kosten und das Entgelt für die Prime-Mitgliedschaft iHv. 74,90 EUR ab.

Die Klägerin ging gegen die Abbuchung der 74,90 EUR vor, weil sie meinte, sie habe keine Prime-Mitgliedschaft abgeschlossen, sondern nur die Flugreise gebucht.

Der BGH gab der Klägerin Recht und verurteilte die Beklagte zur Rückzahlung.

1. Zwei parallele Online-Bestellungen benötigen keine getrennten Bestellbuttons:

Der BGH stellt klar, dass für zwei parallele Online-Bestellungen durchaus ein einziger Bestellbutton ausreichend sein. Es müsse nur klar sein, dass der Kauf sich auf zwei getrennte Leistungen beziehe:

"In den Fällen des § 312j Abs. 3 Satz 2 BGB muss der Verbraucher aus der Bildschirmmaske, in der die Bestell-Schaltfläche enthalten ist, ersehen können, für welche Leistungen des Unternehmers er eine Zahlungspflicht eingeht. (…)

 Wenn mit einem einheitlichen Bestellvorgang Verträge über mehrere Leistungen abgeschlossen werden, die grundsätzlich unabhängig voneinander zu erbringen sind, muss die Maske, in der die Bestell-Schaltfläche enthalten ist, einen eindeutigen Hinweis darauf enthalten, dass der Verbraucher mit dem Betätigen der Schaltfläche eine auf den Abschluss aller dieser Verträge gerichtete Erklärung abgibt."

Gerichte in der Vergangenheit hatten dies teilweise noch anders gesehen und in diesen Fällen zwei getrennte Bestellbuttons verlangt.

Der BGH führt auch aus, wie die Bestellung hätte richtig aussehen müssen:

"Aus der Bestellmaske geht zwar hervor, dass mit dem Abschluss des Vertrages über die Flugreise ein Probe-Abonnement verbunden ist. Die in diesem Zusammenhang verwendete Formulierung "30-Tage-GRATIS-Probeabo" lässt 
aber nicht hinreichend erkennen, dass es sich auch insoweit um eine kostenpflichtige Leistung handelt.

Der in einer zuvor angezeigten Bildschirmmaske enthaltene Hinweis, dass für die Zeit nach Ablauf des Probemonats eine Abonnement-Gebühr anfällt, wenn der Vertrag nicht rechtzeitig gekündigt wird, und der in der Bestellmaske enthaltene Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen reichen nicht aus, um die Bedeutung der Bestell-Schaltfläche hinreichend zu verdeutlichen. 

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Angebot der Beklagten aus der Sicht eines aufmerksamen Verbrauchers angesichts der zuvor gegebenen Hinweise dahin zu verstehen ist, dass es auf Abschluss eines kostenpflichtigen 
Abonnements gerichtet ist. Diese Bedeutung geht aus der Bestellmaske jedenfalls nicht hinreichend deutlich hervor. Diese enthält keinen Hinweis auf eine Zahlungspflicht für das Abonnement. Sie erwähnt lediglich den Probemonat und hebt in diesem Zusammenhang den Begriff "GRATIS" hervor. 

Dies lässt die Möglichkeit offen, dass es für den Abschluss eines sich an den Probemonat anschließenden kostenpflichtigen Abonnements einer weiteren Erklärung bedarf. Endgültige Klarheit darüber erlangt der Kunde allenfalls dann, wenn er die Schaltfläche "Jetzt kaufen" bereits betätigt hat. Dies genügt den Anforderungen aus § 312j Abs. 3 BGB nicht."

2. Beschriftung “Jetzt kaufen” für Bestellbutton ausreichend, auch wenn gar kein Kaufvertrag vorliegt:

Zugleich hat der BGH klargestellt, dass die Beschriftung des Bestellbuttons mit dem Text “Jetzt kaufen” ausreichend iSv. § 312j Abs.3 BGB ist.

Dies gelte auch für die Fälle, in denen - wie hier - rechtlich gar kein Kaufvertrag vorliege:

"Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die von der Beklagten verwendete Formulierung "Jetzt kaufen" grundsätzlich auch beim Abschluss eines Personenbeförderungsvertrags oder eines Abonnementvertrags der im Streitfall zu beurteilenden Art hinreichend eindeutig ist.

Aus rechtlicher Sicht stellt der Abschluss solcher Verträge zwar keinen Kauf dar. Umgangssprachlich wird aber auch für die entgeltliche Beschaffung solcher Leistungen häufig der Begriff "Kauf" verwendet. Im Zusammenhang mit 
§ 312j Abs. 2 BGB ist er jedenfalls deshalb hinreichend eindeutig, weil er zweifelsfrei eine Zahlungspflicht des Kunden signalisiert."

3. Kunde muss Preisvorteil bei Flugreise nicht herausgeben:

Die Klägerin müsse auch nicht den Preisvorteil, den sie durch die reduzierte Flugreise erlangt habe, herausgeben. Denn die Klägerin als Verbraucherin unterliege einem besonderen Verbraucherschutz:

"In der Konstellation des Streitfalls steht einem Anspruch auf Wertersatz (…) schon der Schutzzweck des § 312j Abs. 4 BGB entgegen.  

§ 312j Abs. 3 BGB dient dem Zweck, den Verbraucher vor Irreführung und Übereilung aufgrund von unklaren oder verwirrenden Bestellsituationen zu schützen. Die in § 312j Abs. 4 BGB vorgesehene Rechtsfolge der Unwirksamkeit beruht auf der Erwägung, dass die Vorschrift eine vergleichbare Schutzwirkung wie eine Formvorschrift hat (…).

Dieser Schutzzweck würde unterlaufen, wenn ein Unternehmer, der vor Vertragsschluss nicht in der gebotenen Weise klargestellt hat, dass eine Leistung entgeltpflichtig ist, vom Verbraucher Wertersatz verlangen könnte, nachdem er 
die Leistung trotz nicht wirksamen Vertragsschlusses erbracht hat und der Verbraucher diese nicht herausgeben kann.  (…)

Folglich muss es dem Unternehmer auch in dieser Konstellation grundsätzlich verwehrt sein, eine Entgeltpflicht, auf die er vor Vertragsschluss nicht in der gebotenen Weise hingewiesen hat, auf dem Umweg über einen Anspruch auf Wertersatz doch noch durchzusetzen, wenn der Verbraucher die Leistung nicht herausgeben kann."

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