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Kategorie: Onlinerecht

OLG München: Ärzte-Siegel "TOP MEDIZINER" und "FOCUS Empfehlung" von FOCUS nicht wettbewerbswidrig

FOCUS darf seine Ärztesiegel weiter vergeben, da Verbraucher sie als redaktionelle Empfehlung und nicht als objektives Prüfsiegel verstehen.

Die Ärztesiegel von FOCUS (u.a. "TOP MEDIZINER" und "FOCUS Empfehlung") dürfen weiter genutzt werden. Es liegt keine Irreführung des Verbrauchers vor (OLG München, Urt. v. 22.05.2025 - Az.: 29 U 867/23 e).

Die Beklagte, das FOCUS-Verlagshaus, veröffentlichte regelmäßig das Magazin “FOCUS Gesundheit”. Darin erschienen sogenannte “Ärztelisten”, in denen Mediziner nach Fachgebieten geordnet aufgeführt und mit verschiedenen Kriterien bewertet wurden. Neben der namentlichen Nennung wurden weitere Aspekte wie B. Fachrichtung, Behandlungsspektrum, wissenschaftliche Publikationen und Patientenbewertungen berücksichtigt.

Auf Grundlage dieser Listen vergab die Beklagte kostenpflichtige Siegel:  

"TOP-Mediziner” 

oder

“FOCUS Empfehlung”. 

Ärzte, die in den Listen aufgeführt waren, konnten das Siegel gegen eine Lizenzgebühr für eigene Werbezwecke nutzen, beispielsweise auf ihrer Website oder in Printanzeigen. 

Die Wettbewerbszentrale beanstandete diese Ausgestaltung, da sie eine Täuschung der Verbraucher sah. Die zugrunde gelegten Kriterien für die Auswahl seien nicht objektiv genug. Das Siegel erwecke Eindruck einer sachlichen, neutralen Prüfung durch eine unabhängige Stelle, wie z.B. bei technischen Prüfsiegeln. Dies sei aber gerade nicht der Fall, da wesentliche Kriterien auf subjektiven Bewertungen basierten. 

Das LG München I (Urt. v. 13.02.2023 - Az.: 4 HK O 14545/21) gab der Klägerin Recht und nahm eine Irreführung an.

Anders entschied nun das OLG München im Berufungsverfahren, dass einen Wettbewerbsverstoß verneinte.

Die Siegel führten die Verbraucher nicht in die Irre. Sie würden vom Betrachter nicht als objektive Prüfzeichen, sondern vielmehr als redaktionelle Empfehlungen eingestuft. Durch die prominente Nennung des Mediennamens “FOCUS” werde deutlich, dass es sich um journalistisch ermittelte Auszeichnungen handle.

Dem gesamten Verfahren lägen auch objektive Kriterien wie Weiterbildung, Fachgesellschaftsmitgliedschaften oder Expertenempfehlungen zugrunde. Zwar seien subjektive Elemente vorhanden, diese seien jedoch bekannt und akzeptiert.

Der durchschnittliche Verbraucher wisse, dass eine vollständige Objektivität bei der Bewertung ärztlicher Leistungen nicht möglich sei.

"Entgegen der Auffassung des Klägers versteht der angesprochene Verkehr die streitgegenständlichen Siegel der Beklagten nicht als Prüfzeichen oder Gütesiegel in dem Sinne, dass ein neutraler Dritter mit entsprechender Kompetenz die damit versehene Ware nach objektiven und aussagekräftigen Kriterien auf die Erfüllung von Mindestanforderungen geprüft hat (…).

Zudem weiß der Verkehr aufgrund der Verwendung des farblich und größenmäßig deutlich hervorgehobenen Logos „FOCUS“ in den streitgegenständlichen Siegeln, dass es sich dabei nicht um ein anerkanntes Prüfinstitut handelt, das typischerweise Prüfzeichen oder Gütesiegel erteilt, sondern ein Medienunternehmen, das neben den TOP Medizinern – über FOCUS BUSINESS – Listen auch etwa über die Top-Wirtschaftskanzleien, die TOP-Rechtsanwälte, die TOP-Steuerberater, die TOP-Arbeitgeber, die TOP-Immobilienmakler, etc. herausgibt. Auch ist dem Verkehr bekannt, dass (…) andere Medienunternehmen wie etwa der Stern (Deutschlands ausgezeichnete Ärzte) oder die FAZ (Deutschlands beste Ärzte) vergleichbare „Ärztesiegel“ zur Verfügung stellen."

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