Die automatische Übermittlung von Positivdaten an die SCHUFA bei Abschluss eines Mobilfunkvertrages ist durch das berechtigte Interesse nach Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO gerechtfertigt (LG Paderborn, Urt. v. 02.09.2024 - Az.: 3 O 96/24).
Der Kläger forderte von dem Telekommunikationsunternehmen, mit dem er einen Mobilfunkvertrag abgeschlossen hatte, eine Entschädigung nach Art. 82 DSGVO. Grund dafür war, dass ohne seine Zustimmung Positivdaten an die SCHUFA übermittelt worden waren. Er vertrat die Auffassung, dass diese Übermittlung eine Datenschutzverletzung darstelle.
Das Landgericht Potsdam teilte diesen Standpunkt jedoch nicht und wies die Klage ab.
Die Übermittlung der Positivdaten sei durch die berechtigten Interessen (Art. 6 Abs.1 f) DSGVO) gerechtfertigt:
"Es liegt bereits kein Verstoß der Beklagten gegen die DGVO durch Weitergabe der streitgegenständlichen Positivdaten an die S. Holding AG vor. (…)
Zwar liegt keine Einwilligung des Klägers in die Weitergabe der Daten gemäß Art.6 Abs.1 S.1 lit. a) DSGVO vor, obwohl in seinem Vertragsformular entsprechende Hinweise vorhanden waren. Allerdings folgt die Rechtfertigung für die Weitergab der Daten aus Art.6 Abs.1 S.1 lit. f) DSGVO. (…)
Die Übermittlung der Positivdaten dient der Wahrung berechtigter Interessen."
Und weiter:
"An dieser Stelle ist anzufügen, dass auch der Generalanwalt beim EuGH ein berechtigtes Interesse von Teilnehmern im Wirtschaftsverkehr bzgl. der Beurteilung der Zahlungsbereitschaft potentieller Vertragspartner durch Dienstleistungen, insb. Auskünfte, von Wirtschaftsauskunfteien, namentlich der S., anerkennt (Generalanwalt beim EuGH (Priit Pikamäe), Schlussantrag vom 16.03.2023 – C-26/22, C-64/22, ReckRS 2023 4638, Rn. 63).
Die Weitergabe von Positivdaten dient neben der Betrugsprävention auch dem Interesse der betroffenen Personen an einer höheren Genauigkeit ihres Scorings, einer abgewogeneren Beurteilung von Negativdaten und einem Schutz vor Überschuldung (vgl. hierzu Paal, in NJW 2024, 1689 Rn. 13). (...)
Die Übermittlung der Positivdaten war auch erforderlich zur Wahrung der berechtigten Interessen.
Grundsätzlich muss sich jede Verarbeitung personenbezogener Daten auf das absolut erforderliche Maß beschränken. Die Erforderlichkeit fehlt dann, wenn das berechtigte Interesse ebenso wirksam mit anderen Mitteln erreicht werden kann, die weniger stark in die Rechte der betroffenen Person eingreifen. Insbesondere ist – unter Beachtung des Grundsatzes der Datenminimierung nach Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO – zu prüfen, ob der Zweck mit weniger personenbezogenen Daten erreicht werden kann (LG Hagen (Westfalen), Urteil vom 22. Juli 2024 – 3 O 196/23 –, Rn. 49, juris, m.w.N.).
Die Erforderlichkeit für die oben genannten berechtigten Interessen wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. So hat das Landgericht München I die Erforderlichkeit für Zwecke der Verbesserung von Abschlussquoten, der Inklusion finanziell schwacher Verbraucher und der Funktionalität von Auskunfteien verneint (LG München I, Urteil vom 25.04.2023 33 O 5976/22, ZD 2024, 46 Rn. 100 ff.). Die Erforderlichkeit insbesondere zur Betrugs- und Überschuldungsprävention sowie zur Präzisierung der Ausfallprognosen, und teils auch zur Funktionalität des Auskunfteiwesens wird jedoch vielfach bejaht (vgl. LG Hagen (Westfalen), Urteil vom 22. Juli 2024 – 3 O 196/23 –, Rn. 50, juris, m.w.N.; LG Gießen, Urteil vom 03.04.2024 – 9 O 523/23 Rn. 17 - juris).
Mögliche mildere Mittel werden dem hochautomatisierten Massegeschäft der Telekommunikationsdienstleister nicht gerecht."