LG Meiningen: Bloßes Liken eines fremden Facebook-Posts kann strafbare Handlung sein

09.09.2022

Wer ein fremdes Facebook -Posting liked, kann sich nach Auffassung des LG Meiningen strafbar machen (LG Meiningen, Beschl. v. 05.08.2022 - Az.: 6 Qs 146/22).

Inhaltlich ging es um die Beschwerde gegen eine erfolgte Hausdurchsuchung.  Der Beschuldigte war der Belohnung bzw. Billigung von Straftaten sowie des Verunglimpfens des Andenkens Verstorbener verdächtig. 

Der Betroffene hatte auf Facebook das Posting eines anderen Users öffentlich geliked, also mit einem sog. Emoji einer Faust mit nach oben gerecktem Daumen. Das Posting des Dritten bezog sich auf die sog.  Kuseler Polizistenmorde und laute vor dem Hintergrund auf eine anberaumte Gedenkstunde der Getöteten wie folgt  "Keine einzige Sekunde Schweigen für diese Kreaturen".

Das LG Meinigen sah in dem Liken eine entsprechende Teilnahmehandlung und bestätigte die  Hausdurchsuchung als rechtmäßig:

"Die Handlung, derer der Beschwerdeführer verdächtig ist, ist als sog. Liken eine hinreichende Ausrichtung bzw. Kundgabe der Befürwortung der Äußerungen des Nutzers (...).

Nach der Rspr. des BGH setzt die Gleichstellung der Wiedergabe fremder Missachtung als Äußerung eigener Missachtung voraus, dass sich der Nutzer die fremde Äußerung zu eigen macht, mithin so in den eigenen Gedankengang einfügt, dass sie insgesamt als eigene erscheint.

Darin liegt auch die ureigentliche Funktion des sog. Likes auf Facebook oder vergleichbaren Medien. Unbeschadet dessen, dass die Anbringung eines solchen "Likes", der wörtlich übersetzt jedenfalls in Mitteleuropa so viel wie "(ich) mag es" oder "(ich) will es" bedeutet, regelmäßig durch das Betätigen einer Schaltfläche mit den Worten "Gefällt mir" erfolgt, ist gerade auch das Zurschaustellen dieser Befürwortung nach außen Sinn dieser Kommentarfunktion. Dies kommt auch darin zum Ausdruck, dass öffentlichkeitswirksame Vorgänge in anderen Medien regelmäßig damit als besonders herausragend etikettiert werden, dass sie nach der Anzahl ihres "Likes" (oder demgemäß Distanzierung bedeutende "Dislikes") ohne weiteres und nachgerade selbsterklärend bemessen werden."

Und weiter:

"Dass eine Faust mit nach oben gerecktem Daumen Zustimmung und Gutheißung bedeutet, kann ohnehin nicht ernsthaft in Frage gestellt werden. Der dahinterstehende Symbolgehalt einer nonverbalen, auf Belobigung oder jedenfalls unbeschränkte Zustimmung ausgerichteten Kommunikation dürfte selbst von Rezipienten im Vorschulalter nur als solcher verstanden werden.

In den modernen Medien hat er sich jedenfalls zum regelrechten Sinnbild der Befürwortung etabliert.

In der auch hier in Rede stehenden Kommentarfunktion der Plattform Facebook dient diese Symbolik auch der gezieltermaßen öffentlichen Bewertung eines Beitrages, was nicht zuletzt dadurch zum Ausdruck kommt, dass entsprechende Symbol-Schaltflächen vom Betreiber des Portals unter den Beiträgen als eine Art Einladung zum Kommentieren vorgehalten werden. Soweit kommt darin auch nicht nur eine gewissermaßen stille Befürwortung - etwa nur dem Verfasser gegenüber - zum Ausdruck, sondern die bewusst und für die Öffentlichkeit des Internets zum Ausdruck gebrachte Befürwortung der Inhalte. Deutlicher kann man ein Zueigenmachen kaum zum Ausdruck bringen bzw. allenfalls expressis verbis mit den Worten "Ich stimme dem zu" - nicht anderes symbolisiert aber hier allgemeinhin das in Rede stehende sog. Emoji.

Die darin liegende Bekundung von Sympathie nach außen ist insoweit auch aus Sicht eines Dritten mit einer verbal kundgegebenen Zustimmung nach außen gleichzusetzen (...)"