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Kategorie: Onlinerecht

OLG München: E-Mail-Anbieter muss bei rechtswidriger Bewertung doch keine Auskunft über Account-Inhaber geben

Ein E-Mail-Anbieter muss keine Nutzerdaten herausgeben, wenn sein Dienst nicht direkt zur Rechtsverletzung genutzt wurde. In solchen Fällen ist das TKG anwendbar und nicht das TDDDSG.

Ein E-Mail-Anbieter muss keine Bestandsdaten zu Nutzern herausgeben, weil das Telekommunikationsgesetz (TKG) einschlägig ist und nicht das Telekommunikation-Digitale-Dienste-Datenschutz-Gesetz (TDDDSG) (OLG München, Beschl. v. 26.08.2025 - Az.: 18 W 677/25 Pre).

Ein Automobilunternehmen sah sich auf einer Bewertungsplattform mit zwei anonymen, stark negativen und rechtswidrigen Bewertungen konfrontiert. Nachdem der Verfasser nicht reagierte, entfernte die Plattform die Beiträge. Im Anschluss erhielt das Unternehmen im Rahmen eines Gerichtsverfahrens vom Plattformbetreiber die hinterlegte E-Mail-Adresse des Nutzers.

Nun verlangte das Autohaus vom E-Mail-Provider die Herausgabe von Name, Anschrift und Geburtsdatum des Verfassers, um zivilrechtliche Schritte gegen ihn einzuleiten.

Die Vorinstanz, das LG München I (Beschl. v. 19.02.2025 - Az.: 25 O 9120/24), bejahte den Anspruch, vgl. unsere Kanzlei-News v. 26.03.2025.

Dagegen legte der Mail-Provider Rechtsmittel ein und gewann vor dem OLG München.

Ein E-Mail-Hosting-Dienst sei kein "Anbieter digitaler Dienste" im Sinne des § 21 TDDDG. Vielmehr handele es sich dabei um einen interpersonellen Telekommunikationsdienst, für den das TKG greife. Solche Dienste seien nach der Systematik und dem Zweck des Gesetzes nicht verpflichtet, Bestandsdaten herauszugeben, wenn über ihren Dienst keine Rechtsverletzung begangen wurde.

Eine Ausweitung der Auskunftspflicht auf sogenannte „Kettenauskünfte“, also auf Anbieter, deren Dienste nicht selbst zur Rechtsverletzung genutzt wurden, sei gesetzlich nicht vorgesehen. Die Schutzlücken, die sich dadurch ergeben, müssten durch den Gesetzgeber geschlossen werden, nicht durch eine erweiterte Auslegung der bestehenden Norm:

"Die von der Antragstellerin begehrte „Kettenauskunft“ bis zum letzten Anbieter in der Kette, bei dem in den Bestandsdaten Name und Adresse der Person gespeichert sind, die wegen der Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden soll, würde den Kreis der auskunftspflichtigen Diensteanbieter erheblich erweitern.

Diese Schutzlücke kann aber nicht dadurch geschlossen werden, dass die Beteiligte als Anbieterin eines interpersonellen Kommunikationsdienstes zusätzlich zu den Vorschriften über den Datenschutz in der Telekommunikation auch noch dem Regelungsregime der Anbieter digitaler Dienste unterworfen wird, obwohl nach der Systematik des TDDDG klar erkennbar ist, dass der Bereich der Telekommunikation und der Bereich der digitalen Dienste unterschiedlichen gesetzlichen Anforderungen unterliegen soll."

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