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Kategorie: Onlinerecht

OLG Frankfurt a.M.: Für umsatzsteuerbefreite Produkte muss bei Google Shopping trotzdem Mehrwertsteuer-Hinweis + nähere Infos erfolgen

Auch bei umsatzsteuerbefreiten Produkten (hier: Photovoltaikanlagen) muss bei Google Shopping der Brutto-Preis angegeben werden (OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 05.05.2023 - Az.: 6 W 28/23).

Die Beklagte bewarb bei Google Shopping Batteriespeicher für Photovoltaikanlagen und hatte dort den Netto-Preis und nicht den Brutto-Preis inkl. Mehrwertsteuer angegeben.

Die Klägerin sah darin eine Verletzung der PAngVO, die grundsätzlich Brutto-Preise vorschreibe.

Die Beklagte erwiderte, dass im vorliegenden Fall die Umsatzsteuerbefreiung des § 12 Abs.3 UStG greife, wonach Waren für Photovoltaikanlagen von der Umsatzsteuer befreit seien.

In der 1. Instanz entschied das LG Gießen, dass kein Wettbewerbsverstoß vorliege, weil ausnahmsweise bei umsatzsteuerbefreiten Waren eine Netto-Angabe ausreiche, vgl. unsere Kanzlei-News v. 30.03.2023.

In der 2. Instanz revidierte  das OLG Frankfurt a.M. nun die Entscheidung und verurteilte den Beklagten zur Unterlassung.

Die PAngVO sei verletzt, so die Richter:

"Danach ist die Antrasgegnerin verpflichtet, Verbrauchern gegenüber den Gesamtpreis anzugeben, wenn sie - wie hier - mit Preisen wirbt. (...) Der in der Anzeige bei Google Shopping, die allein Gegenstand dieses Eilverfahrens ist, angegebene Preis enthält keine Umsatzsteuer und verstößt daher gegen die Vorschriften der PAngV."

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der in § 12 Abs.3 UStG geregelten Umsatzsteuerbefreiung:

"Die Antragsgegnerin kann sich nicht darauf berufen, dass gemäß § 12 Abs. 3 UStG der Verbraucher, der bei der Antragsgegnerin das beworbene Photovoltaik-Produkt bestellt, „praktisch“ immer in den Genuss der dort normierten Steuersenkung auf null Prozent komme. Denn § 12 Abs. 3 UStG befreit nicht generell jeden Verbraucher, der das streitgegenständliche Photovoltaik-Produkt bestellt, von der Umsatzsteuer.

In § 12 Abs. 3 UStG heißt es:

„Die Steuer ermäßigt sich auf null Prozent für die folgenden Umsätze:
1. Die Lieferung von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, …, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. …“

Die Norm knüpft also nicht an die Eigenschaft des Erwerbers als Letztverbraucher an, sondern an die Zweckbestimmung des Photovoltaik-Produkts.

Dementsprechend kann ein Verbraucher den beworbenen Batteriespeicher für Photovoltaikanlagen nicht automatisch zu dem beworbenen Preis erwerben, sondern erst nachdem er sich auf der Internetseite der Antragsgegnerin ein Dokument heruntergeladen hat, in welchem er das Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 UStG bestätigen muss und welches er der Antragsgegnerin zusenden muss.

Es liegt keine der BGH-Entscheidung „Wir helfen im Trauerfall“ (Urteil vom 14.1.2016, I ZR 61/14) vergleichbare Fallgestaltung vor. Danach müssen mit dem Abschluss eines Vertrages verbundene Kosten, die nicht bezifferbar, insbesondere zeit- oder verbrauchsabhängig sind, nicht in einen einheitlichen Endpreis einbezogen werden. Im Streitfall steht die Höhe der zu zahlenden Umsatzsteuer fest, diese reduziert sich lediglich auf null Prozent, wenn die in § 12 Abs. 3 UStG normierten Voraussetzungen erfüllt sind."

Und weiter:

"Bei dem gerügten Verstoß gegen die PAngV handelt es sich nicht um einen Bagatellverstoß. Entscheidend ist, dass die Preisvergleichsmöglichkeiten der Verbraucher mit Angeboten von Anbietern, die sich rechtstreu verhalten, erheblich erschwert werden (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010, I ZR 99/08 - Preiswerbung ohne Umsatzsteuer - Rdn. 27, juris).

Darüber hinaus folgt ein Verfügungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3, 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Die Anzeige bei Google Shopping richtet sich nicht nur an private Letztverbraucher, sondern auch an Gewerbetreibende. Diese werden davon ausgehen, dass es sich bei dem angegebenen Preis - wie üblich bei einer Werbung, die sich an die Allgemeinheit richtet - um einen Bruttopreis handelt und der Batteriespeicher für sie tatsächlich günstiger zu erwerben ist.

Gegen das Bestehen des Verfügungsanspruchs kann die Antragsgegnerin nicht einwenden, ihr stehe auf der Plattform „Google Shopping“ nicht genügend Platz zur Verfügung, um über den Sachverhalt aufzuklären. Wie das Landgericht in der angegriffenen Entscheidung bereits zutreffend auf Seite 3 ausgeführt hat, darf eine Plattform für eine Werbung mit Preisangaben schlicht nicht verwendet werden, wenn sie keinen Raum für rechtmäßiges Handeln bietet." 

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