Der BGH hat vor Kurzem eine wichtige, neue Entscheidung zu den Anforderungen bei der Einholung von Werbeeinwilligung getroffen (BGH, Urt. v. 28.05.2020 - Az.: I ZR 7/16).
Die Entscheidung, um die es geht, betrifft den Gewinnspiel-Veranstalter "Planet 49" und wurde in der Öffentlichkeit bislang immer nur zum Themenkreis Cookies wahrgenommen. Nachdem nun die schriftlichen Entscheidungsgründe vorliegen, zeigt sich, dass das Urteil auch wichtige, neue Aspekte zum Thema Werbeeinwilligung enthält.
Wir erinnern uns: Die Werbeeinwilligung bei "Planet 49" war wie folgt ausgestaltet:
"[ ] Ich bin einverstanden, dass einige Sponsoren und Kooperationspartner mich postalisch oder telefonisch oder per E-Mail/SMS über Angebote aus ihrem jeweiligen Geschäftsbereich informieren. Diese kann ich hier selbst bestimmen, ansonsten erfolgt die Auswahl durch den Veranstalter. Das Einverständnis kann ich jederzeit widerrufen. Weitere Infos dazu hier."
Die Checkbox war nicht vorselektiert, sondern musste von dem jeweiligen Teilnehmer manuell aktiviert werden. Eine Teilnahme am Gewinnspiel war nur möglich, wenn das Häkchen gesetzt war.
Die Worte "Sponsoren und Kooperationspartner" und "hier" waren mit einem Link zur Sponsorenliste versehen, die 57 Unternehmen, ihre Adresse, den zu bewerbenden Geschäftsbereich und die für die Werbung genutzte Kommunikationsart (E-Mail, Post oder Telefon) sowie nach jedem Unternehmen das unterstrichene Wort "Abmelden" enthielt. Der Liste vorangestellt war folgender Hinweis:
"Durch Anklicken auf dem Link "Abmelden" entscheide ich, dass dem genannten Partner/Sponsoren kein Werbeeinverständnis erteilt werden darf. Wenn ich keinen oder nicht ausreichend viele Partner/Sponsoren abgemeldet habe, wählt (...) für mich Partner/Sponsoren nach freiem Ermessen aus (Höchstzahl: 30 Partner/Sponsoren)."
Der BGH hat diese Werbeeinwilligung als unzureichend und somit als unwirksam eingestuft.
Wörtlich führen die Richter aus:
"Daran fehlt es im Streitfall, weil nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts die vom Kläger angegriffene Gestaltung der Einwilligungserklärung darauf angelegt ist, den Verbraucher mit einem aufwendigen Verfahren der Abwahl von in der Liste aufgeführten Partnerunternehmen zu konfrontieren, um ihn zu veranlassen, von der Ausübung dieser Wahl Abstand zu nehmen und stattdessen der Beklagten die Wahl der Werbepartner zu überlassen.
Weiß der Verbraucher mangels Kenntnisnahme vom Inhalt der Liste und ohne Ausübung des Wahlrechts nicht, die Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmer die Einwilligung erfasst, liegt keine Einwilligung für den konkreten Fall vor."
Der BGH stellt klar, dass er die Unwirksamkeit nicht aufgrund der Länge annimmt, sondern vielmehr
"Die Revision der Beklagten macht ohne Erfolg geltend, der Einwilligungstext und der mittels eines elektronischen Verweises erreichbare Text der Liste seien als Einheit zu werten, weil der mit den Besonderheiten des Internets vertraute Nutzer wisse, dass Informationen auf mehreren Seiten verteilt sein könnten (..)
Die Revision der Beklagten setzt hiermit ihre eigene Würdigung des Sachverhalts an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung, ohne einen Rechtsfehler aufzuzeigen. Das Berufungsgericht hat in revisionsrechtlich unbedenklicher Weise festgestellt, im Falle eines Internet-Gewinnspiels der vorliegenden Art stehe der mit der angegriffenen Gestaltung verbundene Aufwand für die Auswahl von Werbepartnern für den Verbraucher schon aus zeitlichen Gründen außer Verhältnis zur angestrebten Spielteilnahme und sei daher zu erwarten, dass der Verbraucher der Auswahl durch die Beklagte zustimmen werde.
Aus diesem Grund bleibt auch der Einwand der Revision ohne Erfolg, die Liste enthalte eine übersichtliche Bezeichnung der Werbepartner und ihres Geschäftsbereichs."
Und weiter:
"Die Revision der Beklagten dringt auch nicht mit ihrem Einwand durch, eine Allgemeine Geschäftsbedingung könne nicht allein wegen ihrer Länge als unwirksam angesehen werden.
Das Berufungsgericht hat die angegriffene Einwilligungserklärung nicht allein wegen der Länge der mit ihr verlinkten Sponsorenliste als unwirksam angesehen, sondern deshalb, weil die Gestaltung der Einwilligung unter Berücksichtigung ihres Einsatzzwecks - der Teilnahme an einem Gewinnspiel im Internet - darauf angelegt erscheint, den Verbraucher von einer Kenntnisnahme abzuhalten und ihn dazu zu veranlassen, das Wahlrecht der Beklagten zu übertragen. (...)
Der Umstand, dass der Verbraucher durchaus die gegebene Vielzahl von Werbepartnern erkennen mag, wie die Revision der Beklagten geltend macht, ändert nichts daran, dass der Verbraucher aufgrund der Gestaltung des Auswahlvorgangs regelmäßig keine Kenntnis über den konkreten Inhalt der gegebenen Einwilligung haben wird."
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Die Entscheidung des BGH zeigt auf, dass die Anzahl von 57 Werbepartnern zu viel ist und dementsprechend kaum eine transparente Einwilligung eingeholt werden kann. Dabei legen sich die Richter nicht auf eine konkrete maximale Anzahl fest, sondern kritisieren vielmehr die konkrete Ausgestaltung des Gewinnspiels.
Zur Rechtswidrigkeit führte hier insbesondere, dass der Ablauf so dargestellt war, dass es für den User außerordentlich mühsam war, sich von einzelnen Werbepartnern abzumelden. Mit eigenen Worten wiedergegeben: Kein Mensch würde sich manuell abmelden, da er dafür eine Vielzahl von Checkboxen deaktivieren müsste.
Ebenso bewertete das Gericht es als unzulässig, dass der Veranstalter, quasi in Ersatzvornahme, sich vorbehielt die Werbepartner selbst auszusuchen, wenn der Teilnehmer nicht mindestens 30 Unternehmen ausgewählt hatte. Denn in einem solchen Fall liegt bereits keine wirksame Einwilligung vor, da dem Nutzer dann nicht bekannt ist, welchen Dritten gegenüber er nun eingewilligt hat.
Was bedeutet die Entscheidung nun für die Praxis?
Spätestens mit dieser höchstrichterlichen Entscheidung spricht vieles dafür, dass Werbeeinwilligungen mit einer Sponsorenliste von 50 Werbepartnern vor Gericht aller Voraussicht keinen Bestand haben werden. Auch wenn der BGH sich im vorliegenden Fall auf keine konkrete Maximalzahl festlegt.
Es ist daher dringend anzuraten, falls dies noch nicht geschehen ist, nur noch eine deutlich reduzierte Anzahl aufzunehmen. So hat das OLG Frankfurt vor Kurzem eine Werbeeinwilligung mit acht Co-Sponsoren für wirksam erklärt, vgl. unsere Kanzlei-News. v. 19.08.2019.
Ebenso ist darauf zu achten, dass in den Einwilligungsklauseln keine Ersatzvornahme durch den Gewinnspiel-Veranstalter vorgesehen ist, da dies auch zur Nichtigkeit der Bestimmung führt.