Das OLG Hamburg (Urt. v. 07.03.2005 - Az.: 5 U 99/04) hatte darüber zu entscheiden, in welchem Umfang ein Werbetreibender Sonderangebote bei sich im Laden zu bevorraten hat, wenn er diese aktiv in der Öffentlichkeit bewirbt.
Der Antragsteller ist eine Vereinigung zur Förderung gewerblicher Interessen. Die Antragsgegnerin betreibt in Deutschland eine der größten Supermarkt-Ketten für Lebensmittel. Die Antragsgegnerin warb mit einer Beilage im "Hamburger Abendblatt" für diverse Produkte außerhalb ihres Lebensmittelsortiments.
In diesem Prospekt, der "ab Montag 17.Nov." gelten sollte, wurden u.a. eine digitale Personenwaage und ein Weihnachts-Kerzenleuchter zum Preis von € 9,99 angeboten. Dabei war der Weihnachts-Kerzenleuchter mit einem Sternchen versehen, welches in der Fußzeile des Prospekts mit dem klein geschriebenen Hinweis : "Bei diesem Artikel besteht die Möglichkeit, dass er trotz sorgfältiger Bevorratung kurzfristig ausverkauft ist."
1 Stunde nach der Eröffnung waren in mehreren Filialien der Antragsgegnerin die beiden Produkte nicht mehr erhältlich. Dies beanstandet der Antragsteller als wettbewerbswidrig.
Das OLG Hamburg hat dem Begehren des Antragstellers entsprochen und das Verhalten der Antragsgegnerin als rechtswidrig eingestuft:
"Dem Antragsteller steht ein Unterlassungsanspruch wegen irreführender Werbung über den Warenvorrat im erkannten Umfang zu (...).
Beide Artikel (...) sind herausgehoben beworben und preislich ganz besonders attraktiv. (...) Die Angebote stammen von einem der größten deutschen Lebensmitteleinzelhändler mit dichtem Filialnetz, der regelmäßig - in Hamburg wöchentlich - sog. Aktionsware außerhalb des Lebensmittelsortiments anbietet.
Unter Berücksichtigung der Art der Ware, der Gestaltung der Werbung, der Attraktivität des Preises und der Größe und Bedeutung des werbenden Unternehmens greift hier die Vermutung des § 5 Abs.5 UWG, wonach der Verkehr eine ausreichende Bevorratung jedenfalls für zwei Tage erwartet."
Auch die Einschränkung durch den "Sternchen"-Hinweis haben die Hamburger Richter für nicht ausreichend erachtet:
"Selbst wenn man zugunsten der Antragsgegnerin unterstellte, dass der Verkehr die Auflösung des Sternchenhinweises zur Kenntnis nehmen wird, reicht dieser inhaltlich nicht aus, um im vorliegenden Fall die Verkehrserwartung einer ausreichenden Bevorratung jedenfalls für den ersten Aktionstag zu zerstören. (...)
Gerade der Hinweis auf die "sorgfältige Bevorratung" bestärkt den Verkehr zunächst nochmals in seiner Erwartung, bei einem Unternehmen wie der Antragsgegnerin zumindest am ersten Verkaufstag in allen Filialen die besonders beworbenen Angebote auch vorzufinden.
Wenn nun bei einem Artikel unter mehreren beworbenen ein nur für diesen geltender Hinweis erfolgt, dieser könne kurzfristig ausverkauft sein, wird man zwar möglicherweise nicht mehr von dem Regelfall einer Verfügbarkeit für zwei Tage ausgehen können, wie § 5 Abs.5 UWG es vorsieht.
Letztlich kann diese Frage aber dahingestellt bleiben. Denn eine Verfügbarkeit für den ersten Verkaufstag (...) wird der Verkehr auch bei diesem, nicht näher spezifizierten Hinweis erwarten."