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Kategorie: Onlinerecht

OLG Naumburg: Verkauf von rezeptfreien, apothekenpflichtigen Medikamenten über Amazon doch Wettbewerbsverstoß = DSGVO-Verstöße abmahnbar

Der Verkauf von rezeptfreien, apothekenpflichtige Medikamente über die Online-Plattform Amazon  verstößt derzeit gegen die DSGVO, da nicht sichergestellt ist, dass der Kunde in die Verarbeitung seiner der Gesundheitsdaten zuvor ausdrücklich eingewilligt hat. Dieser DSGVO-Verstoß begründet eine Wettbewerbsverletzung (OLG Naumburg, Urt. v. 09.11.2019 - Az.: 9 U 6/19).

Der verklagte Apotheker bot als Marketplace-Verkäufer über die Handelsplattform Amazon  rezeptfreie, apothekenpflichtige Medikamente an. Verkauf und Versand erfolgte nicht über Amazon, sondern über ihn. 

Ein Mitbewerber sah hierin einen Wettbewerbsverstoß und klagte.

Kern der Auseinandersetzung war die Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Kunden. Da es Daten im Zusammenhang mit einem Medikament betraf, handelte es sich um Gesundheitsdaten, deren Speicherung grundsätzlich nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Betroffenen erlaubt ist (Art. 9 Abs.2 a) iVm Abs.1 DSGVO).

Hierfür reiche es nicht aus, dass der Kunde den AGB von Amazon zugestimmt habe. Vielmehr hätte es einer expliziten, schriftlichen Einwilligung des Kunden bedurft, so das OLG Naumburg. Dies bestimme auch § 15 der Berufsordnung der Apothekenkammer Sachsen-Anhalt:

"Die Speicherung und Nutzung patientenbezogener Daten bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Betroffenen, sofern sie nicht nach dem Bundesdatenschutzgesetz und anderen Ermächtigungsgrundlagen zulässig sind oder von gesetzlichen Bestimmungen gefordert werden."

Da eine solche Erklärung fehle, liege ein Verstoß gegen Art. 9 DSGVO vor.

Dieser könne auch durch einen Mitbewerber gerichtlich verfolgt werden, denn bei DSGVO-Verletzungen handle es sich um wettbewerbsrechtlich relevante Vorgänge:

"Die Frage, ob Datenschutzbestimmungen nach Inkrafttreten der DSGVO Marktverhaltensregeln darstellen, ist bisher in Literatur und Rechtsprechung nicht abschließend geklärt.

aa) In der Literatur wird nunmehr vertreten, dass Datenschutzbestimmungen nach Inkrafttreten der DSGVO keine Marktverhaltensregeln im Sinne des § 3 Buchst. a UWG darstellen (Köhler in: Köhler/Dornkamp/Feddersen, UWG, 36. Aufl., 2018, § 3a Rn. 1.40a und 1.74a).

bb) Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg nimmt dagegen auch nach Inkrafttreten der DSGVO an, dass insoweit die jeweilige Norm konkret darauf überprüft werden muss, ob gerade jene Norm eine Regelung des Marktverhaltens zum Gegenstand hat (Urteil vom 25. Oktober 2018 - 3 U 66/17 -, Rn. 72, juris).

cc) Der Senat schließt sich der Auffassung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg an.

Selbstverständlich schützen Datenschutzregeln in erster Linie das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen. Gleichwohl verfolgt die DSGVO auch andere Zielsetzungen: In den Erwägungsgründen 6 bis 8 der DS-RL heißt es, dass die Richtlinie auch den grenzüberschreitenden Verkehr personenbezogener Daten auf ein einheitliches Schutzniveau heben soll (Erwägungsgründe 6 und 7), weil ein unterschiedliches Schutzniveau ein Hemmnis für die Ausübung von Wirtschaftstätigkeiten auf Gemeinschaftsebene darstellen und den Wettbewerb verfälschen könne (Erwägungsgrund 7 Satz 2), und die Regelungen der Richtlinie auch der Beseitigung solcher Hemmnisse diene, um einen grenzüberschreitenden Fluss personenbezogener Daten kohärent in allen Mitgliedsstaaten und in Übereinstimmung mit dem Ziel des Binnenmarktes zu regeln (Erwägungsgrund 8).

Vor Inkrafttreten der DSGVO war außerdem in der Rechtsprechung bereits anerkannt, dass die Nutzung von Daten zu Werbezwecken nach § 28 Abs. 3 BDSG a.F. als Marktverhaltensregel anzusehen ist (OLG Stuttgart, MMR 2007, 437, Rn. 27; OLG Köln, MMR 2009, 845; CR 2011, 680; ZD 2012, 421; OLG Karlsruhe, ZD 2012, 432, Rn. 34; OLG Dresden, BeckRS 2014, 15220, insoweit unklar, ob nur die dort ebenfalls allein streitige Regelung des § 28 Abs. 3 BDSG a.F. oder § 28 BDSG a.F. generell als marktverhaltensregelnd angesehen worden ist).

c)    Im vorliegenden Fall hat der Beklagte die Plattform Amazon Marketplace in das Feilbieten der von ihm vertriebenen Medikamente und Medizinprodukte in der Weise einbezogen, dass er die Popularität dieser Plattform nutzt, um Kunden zu gewinnen. Er setzt damit die Plattform als Werbeträger ein. Amazon selbst wertet die Daten - wenn auch anonym - aus, um zu werben: "Kunden, die sich Produkt A angesehen haben, interessieren sich auch für Produkte B". Dies zielt auf den Markt ab und berührt die wettbewerblichen Interessen der Marktteilnehmer. Denn durch die Auswertung der Absatzdaten können Kunden zielgerichtet angesprochen werden."

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