OLG Koblenz: Vertragsänderung löst fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht erneut aus

08.05.2012

Das OLG Koblenz (Urt. v. 28.03.2012 - Az.: 9 U 1166/11) hat entschieden, dass im Zuge einer fernmündlich abgeschlossenen Vertragsänderung das fernabsatzrechtliche Widerrufsrecht erneut entsteht.

Eine Kundin der beklagten 1&1 Internet AG hatte einen Vertrag über die Leistung von Telefon- und Internetdiensten ordnungsgemäß gekündigt. Im Zuge der Kündigung telefonierte ein Mitarbeiter der Beklagten mit der Kundin und bot ihr statt des ursprünglich vereinbarten Sicherheitspakets 1&1 Serve-Flat 6000 DSL das als 1&1 Doppel-Flatrate 16.000 beschriebene DSL-Paket an.

Die Kundin nahm das Angebot an. Mit E-Mail vom gleichen Tag bestätigte die Beklagte der Kundin die Stornierung der Kündigung und bestätigte zudem in einer weiteren Mail den beauftragten Tarifwechsel. Mit E-Mail vom gleichen Tag nahm die Kundin "die Stornierung ihrer Kündigung" zurück.

Die Beklagte lehnte die "Stornierung" mit der Begründung ab, es handele sich nicht um einen Neuabschluss, sondern lediglich um einen Tarifwechsel, bei dem kein Widerrufsrecht bestehe.

Dies sahen die Koblenzer Richter anders. Bei dem neuen Tarif handele es sich um einen neuen Leistungsgegenstand, da wesentliche Vertragsinhalte gegenüber der ursprünglichen Vereinbarung geändert worden seien. Die "Tarifanpassung" stelle sich mithin als Abschluss eines neuen Dienstleistungsvertrages dar.

Dieser ausschließlich unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln abgeschlossene Vertrag sei ein Fernabsatzvertrag, so dass der Kundin ein Widerrufsrecht zustehe, über das die Beklagte hätte unterrichten müssen.

Das Widerrufsrecht entfalle auch nicht ausnahmsweise, weil die Verbraucherin bereits Kundin bei der Beklagten gewesen sei. Dies wäre allenfalls dann in Betracht gekommen, wenn die Kundin die notwendigen Informationen anlässlich persönlicher Kontakte bei einem früheren gleichartigen Vertragsschluss erhalten habe oder sie während der Vorverhandlungen über alle für den Vertragsschluss wesentlichen Umstände informiert worden und der Vertrag in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit diesem persönlichen Kontakt zustandegekommen sei.