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Kategorie: Onlinerecht

LG Kiel: Gewinnabschöpfung bei Mobilcom-Debitel wegen rechtswidriger AGB

Das Unternehmen Mobilcom-Debitel  muss Gewinne iHv. rund 73.000,- EUR, die es durch rechtswidrige AGB-Klauseln vereinnahmt hat, an den Staat abführen (LG Kiel, Urt. v. 28.07.20201 - Az.: 12 O 574/17).

Mobilcom-Debitel  hatte in seinen AGB vereinbart, dass Verbraucher Gebühren für die Änderung ihrer Anschrift iHv. 0,99 EUR und für die Änderung der Bankverbindung iHv. 2,95 EUR berechnet wur­den, sofern die Änderungen nicht auf elektronischem Wege mitgeteilt wurde. In einem gerichtlichen Vorfahren wurden diese Klauseln als rechtswidrig eingestuft und zudem festgestellt, dass das Telekommunikations-Unternehmen vorsätzlich gehandelt hat, was Voraussetzung für einen Gewinnabschöpfungsprozess nach § 10 UWG ist.

Im vorliegenden Prozess ging es nur noch um die Höhe des abzuführenden Gewinns.

Mobilcom-Debitel hatte durch die Änderungen insgesamt rund 73.000,- EUR eingenommen (Änderung der Bankverbindung: ~ 15.000,- EUR; Änderung der Anschrift: ~ 58.000,- EUR)

Der TK-Anbieter wandte jedoch ein, dass von diesem Betrag noch die entsprechenden Kosten iHv. rund 300.000,- EUR abzuziehen seien.

Dies ließ das LG Kiel jedoch nicht gelten und verurteilte Mobilcom-Debitel  zur Zahlung des Gesamtbetrages:

"Ein abschöpfbarer Gewinn liegt vor, wenn sich die Vermögenssituation des Zuwiderhandelnden aufgrund des Verstoßes verbessert hat (...). Ein Gewinn ist auch dann anzunehmen, wenn der Zuwiderhandelnde einen Kostende­ckungsbeitrag erzielt hat (...). So bleiben Ge­meinkosten und sonstige betriebliche Kosten, die auch unabhängig von dem wettbewerbswidri­gen Verhalten angefallen wären, bleiben unberücksichtigt (...)."

Die hier eingebrachten Kosten seien daher nicht abzugsfähig:

"Danach sind sowohl die Kosten für die Beauftragung des externen Dienstleisters als auch die Druck- und Portokosten nicht vom Gewinn abzuziehen.

Sie wären nämlich auch entstanden, wenn die Beklagten die streitgegenständigen Klauseln nicht genutzt hätte. Wie vom Oberlandes­gericht in dem Urteil vom 12.12.2019 ausführlich dargelegt, war die Beklagte (...) zur Speicherung der Adressänderungen bereits gesetzlich verpflichtet.

Sowohl die Speiche­rung geänderter Adressdaten als auch die Speicherung geänderter Bankverbindungen lagen zu­dem im Interesse der Beklagten und sie war dazu nebenvertraglich verpflichtet. (...)

Diese Grundsätze gelten sinngemäß auch für die Druck- und Portokosten für Bestätigungs­schreiben. Auch die Übersendung von Bestätigungsschreiben liegt insbesondere im Interesse der Beklagten. Durch die Bestätigungsschreiben werden Fehler bei der Übertragung von Adress- und Kontodaten in das System der Beklagten frühzeitig erkannt. Besonderer Aufwand, der aufgrund möglicher Übertragungsfehler entstehender Rücklastschriften oder Postrückläufer entstehen kann, wird durch die Übersendung von Bestätigungsschreiben frühzeitig verhindert." 

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

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