Zufallsbezogene Spiele mit einem Einsatz von 50 Cent unterfallen vollständig den glücksspielrechtlichen Regelungen und können daher verboten werden (VG München, Urt. v. 07.02.2023 - Az.: M 26 K 22.3269).
Die Klägerin war Veranstalterin mehrerer Rundfunkprogramme (ProSieben, SAT.1, Kabel Eins und Sixx). Sie betrieb auf einer Webseite ein Spielportal.
Zur Teilnahme auf dem Portal war eine kostenlose Registrierung erforderlich. Auf der Plattform wurden neben kostenfreien auch kostenpflichtige Spiele angeboten. Es können entsprechende Sach- und Geldpreise gewonnen werden.
Soweit die Teilnahme an Spielen nicht kostenlos war, wurde der Einsatz sog. "Coins" vorausgesetzt. Neukunden erhielten erhalten nach Registrierung jeweils einen Coin. Im Übrigen konnten Coins für Geld erworben werden: Einzeln für je 0,49 EUR oder in Paketen (bspw. 5 Coins für 1,99 EUR, 15 Coins für 4,99 EUR, 35 Coins für 9,99 EUR und 75 Coins für 19,99 EUR.
Die zuständige Behörde sah darin einen Verstoß gegen den GlüStV und erließ eine entsprechende Untersagungsverfügung. Es werde ohne entsprechende Erlaubnis ein öffentliches Glücksspiel angeboten.
Die Klägerin wehrte sich dagegen und vertrat den Standpunkt, dass mit den 0,49 EUR die Erheblichkeitsschwelle nicht überschritten werde, sodass kein Glücksspiel, sondern vielmehr ein Gewinnspiel vorliege.
Das VG München schloss sich dieser Meinung nicht an, sondern erklärte die Untersagungsverfügung für rechtmäßig.
Denn jeder Einsatz, auch jeder noch so unerhebliche, begründe ein Glücksspiel. so das Gericht:
"Der kostenpflichtige Teil des Angebots stellt ein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2021 dar.
Denn jeder Einsatz eines „Coins“ bei einem Spiel auf der Internetseite, durch den der Teilnehmer unstreitig eine unmittelbar aus diesem Einsatz folgende und zufallsabhängige Gewinnchance erhält, stellt die Entrichtung eines Entgelts dar. Dass dabei der geldwerte Einsatz je Spiel 0,50 EUR nicht überschreitet, ist unerheblich. Das Überschreiten einer Erheblichkeitsschwelle im Rahmen des Entgelts ist dabei nicht Voraussetzung zur Verwirklichung des Tatbestands."
Und weiter:
"Das Entgelterfordernis in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2021 ist weder nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum glücksspielrechtlichen Entgeltbegriff noch aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum strafrechtlichen Glücksspielbegriff noch aufgrund von Gesetzgebungskompetenzen dahingehend einschränkend auszulegen, dass zur Tatbestandsverwirklichung die Überschreitung einer Erheblichkeitsschwelle erforderlich ist."
Und:
"Darüber hinaus sprechen der Sinn und Zweck des Glückspielstaatsvertrages ebenfalls dafür, auch Kleinstbeträge nicht von dessen Anwendungsbereich auszunehmen, denn dieser ist auf eine präventive Verhinderung von Gefahren ausgerichtet und damit dem Gefahrenabwehrrecht zuzuordnen.
Deshalb werden die öffentlichen entgeltlichen Glücksspielangebote einem Erlaubnisvorbehalt unterstellt, vgl. § 4 Abs. 1 GlüStV 2021. Hierdurch kann etwa bereits im Vorfeld unterbunden werden, dass das Veranstalten des Glücksspiels den Zielen des § 1 GlüStV 2021 zuwider läuft.
Demgegenüber lässt sich die strafrechtliche Erheblichkeitsschwelle mit der Ultima Ratio des Strafrechts begründen. Im Strafrecht wird stets an eine in der Vergangenheit liegende Rechtsgutverletzung angeknüpft, wobei nur ausgewählte Verhaltensweisen pönalisiert werden. Aus diesen unterschiedlichen Zwecksetzungen heraus ist es nicht angezeigt, eine teleologische Reduktion des Tatbestands vorzunehmen, die in einschränkender weise ein Einschreiten verhindern soll, da entscheidend die präventive Verhinderung von Gefahren ist. Damit bleibt vor dem Hintergrund der Effektivität der Gefahrenabwehr kein Raum für eine Erheblichkeitsschwelle, so VG Regensburg, Urteil vom 10. November 2016 – 5 K 16.853 –, juris Rn. 64."