Das OLG München (Urt. v. 11.09.2008 - Az.: 29 U 3629/08) hatte über die Mithaftung des Merchant für die Rechtsverletzungen seines Affiliate zu entscheiden.
Im vorliegenden Fall ging es jedoch nicht um die übliche Konstellation, dass der Affiliate eine eigene Rechtsverletzung begeht (z.B. eine Marken- oder Urheberrechtsverletzung). Vielmehr hatte der Affiliate Werbung auf einer Webseite geschaltet, die jugendschutzgefährdende und somit rechtswidrige Inhalte zum Inhalt hatte.
Nachdem der Merchant über diesen Umstand von der Klägerin informiert wurde, versendete sie an alle Affiliates ein allgemeines Schreiben mit der Aufforderung, sich zukünftig rechtmäßig zu verhalten.
Gleichwohl kam es in der Folgezeit zu weiterer Werbung für den Merchant auf der Webseite.
Die Münchener Richter haben aufgrund dieser Umstände eine Mithaftung des Merchant bejaht. Dabei berufen sie sich nicht auf die sonst umstrittene Frage der Mitstörerhaftung, sondern bejahen vielmehr eine eigene Täterhandlung des Merchant:
"Im Streitfall bedarf die von den Parteien diskutierte Frage, ob die Antragsgegnerin als Unternehmensinhaberin gemäß § 8 Abs. 2 UWG für die Handlungen der Affiliates einstehen muss, keiner Entscheidung, weil die Antragsgegnerin jedenfalls wegen eines eigenen täterschaftlichen Verstoßes (...) zur Unterlassung verpflichtet ist."
Die Mithaftung ergebe sich aus dem Umstand, dass durch die Werbeausschüttung mittelbar auch die Betreiber der rechtswidrigen Webseite finanziell unterstützt würden:
"Die streitgegenständlichen Internetseiten, auf denen die Werbung der Antragsgegnerin erschien, waren als Tauschbörsen auf das rechtswidrige Angebot von Filmen ausgerichtet.
Das Angebot der jugendgefährdenden Filme war daher nicht nur ein Versehen oder Ausreißer, sondern Teil des von den Betreibern dieser Seiten verfolgten Geschäftsmodells, durch das Angebot jeder Art von Filmen eine möglichst hohe Nutzerzahl zu erreichen, die entsprechend hohe Werbeeinnahmen nach sich zieht. Die Internetauftritte stellten daher dauerhafte und erhebliche Wettbewerbsverstöße dar.
Dadurch, dass die Antragsgegnerin an die Betreiber derartiger Internetseiten für die dort platzierte Werbung Zahlungen leistete, unterstützte sie diese bei deren Wettbewerbsverstoß. Trägt schon allgemein das Entgelt für eine Werbemaßnahme dazu bei, dass das Medium, in dem geworben wird, fortbesteht, so ist das im Streitfall, in dem sich die Internetauftritte ausschließlich über Werbung finanzieren, in besonders starkem Maß der Fall.
Die entgeltliche Werbung lässt daher die von den Internetseiten ausgehende wettbewerbsrechtliche Gefahr andauern (...)."
Es sei wettbewerbswidrig, wenn ein Unternehmen bewusst in Kauf nehme, seine Umsätze mit Werbemaßnahmen zu fördern, die das Jugendschutzrecht verletzen würden.
Eine Mithaftung hätte nur vermieden werden können, so die Richter, wenn der Merchant sichergestellt hätte, dass die Rechtsverletzung umgehend beseitigt worden wäre, notfalls durch Kündigung oder durch Einführung bestimmter Vertragsstrafen. Es reiche dagegen nicht aus, wenn nach Kenntnis der Rechtsverletzung der Merchant wie im vorliegenden Fall allgemein gehaltene Schreiben an seine Affiliates versende.
Die vorliegende Entscheidung liegt auf einer Linie mit dem Urteil des LG Frankfurt a.M. (Urt. v. 02.01.2008 - Az.: 3-08 O 143/07). Arcor war damals aufgrund der Schaltung von Werbung auf einer Internet-Plattform, auf der überwiegend urheberrechtswidrige oder jugendgefährdende Werke zum Download angeboten wurden, als Mitstörer auf Unterlassung in Anspruch genommen worden.
Durch diese extreme Ausweitung verschärft sich nun im Affiliate-Bereich das ohne bereits bestehende Problem der Mithaftung des Merchants noch einmal ganz erheblich.
Die Kanzlei Dr. Bahr unterhält mit Affiliate & Recht ein eigenes Info-Portal zum Bereich der Affiliates, Merchants und Affiliate-Netzwerke.