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Kategorie: Onlinerecht

LG Hamburg: Online-Coaching-Verträge fallen nicht per se unter das FernUSG – auch nach BGH-Entscheidung

Ein Online-Coaching für Dropshipping fällt laut LG Hamburg nicht unter das FernUSG, da keine Einzelschulung oder Lernerfolgskontrolle vorlag.

Trotz des aktuellen BGH-Urteils unterfällt nicht jeder Online-Coaching-Vertrag automatisch unter das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) (LG Hamburg, Urt. v. 21.07.2025 - Az.: 311 O 393/24).

In dem vorliegenden Fall bot die Beklagte ein Online-Coaching für Dropshipping an, hatte jedoch keine Zulassung nach dem FernUSG. Der Kläger, der Kunde des Coachings war, forderte seine gezahlten Entgelte zurück.

Das Online-Coaching war wie folgt ausgestaltet:

“Ausweislich der Leistungsbeschreibung (Anlage K1) des digitalen Produkts umfasste der Vertrag den Zugang zu einem Kurs mit 15 Modulen und 86 Lehrvideos mit einer Gesamtlänge von 27 Stunden zu den Themen Produktsuche, Onlineshop-Aufbau und Marketing sowie wöchentliche Zoom-Calls in der Zeit von Montag bis Samstag in der Zeit von 12 bis 20 Uhr, anschließende WhatsApp Betreuung für Rückfragen oder Anregungen „bis 50.000 Euro Umsatz“ sowie Kontakte zu exklusiven Agenten, wobei bei Nichterreichen eines Gesamtumsatzes von mindestens 10.000,00 € innerhalb der ersten 3 Monate die Betreuung bis zum Erreichen dieses Umsatzes kostenfrei fortgesetzt werden sollte.”

Das LG Hamburg wies die Klage auf Rückzahlung der Entgelte ab, da der Vertrag nicht in den Anwendungsbereich des FernUSG falle.

Eine Zulassung für Fernunterricht sei nicht erforderlich gewesen, da es sich nicht um einen klassischen Fernlehrgang gehandelt habe. 

Der Kläger habe gemeinsam mit einer anderen Person teilgenommen. Das FernUSG greife daher nicht, weil es auf Einzelpersonen zugeschnitten sei.

Auch eine Pflicht zur Lernerfolgskontrolle habe im Vertrag nicht bestanden. 

Die Zoom-Calls seien freiwillig und allgemein gehalten gewesen. Eine individuelle Betreuung oder Prüfung sei nicht vereinbart oder durchgeführt worden.

"Der streitgegenständliche Vertrag unterfällt dem Anwendungsbereich des FernUSG nicht dergestalt, dass seine wirksame Durchführung von dem Zulassungserfordernis gemäß § 12 FernUSG abhängt.

Dabei kann im Ergebnis zunächst dahinstehen, ob - wie der Kläger meint - auch Verträge zwischen Unternehmen dem Anwendungsbereich des FernUSG unterfallen, denn jedenfalls der vorliegende Vertrag ist schon deshalb vom Anwendungsbereich ausgenommen, weil „Teilnehmer“ hier bestimmungsgemäß nicht lediglich eine singuläre Person war, sondern die vertraglich geschuldeten Inhalte neben dem Kläger einer weiteren Person zur Verfügung standen. 

So hat der Kläger im Rahmen seiner Anhörung gemäß § 141 ZPO vor der Kammer, von der Beklagten nicht bestritten, erklärt, dass er den ursprünglichen, im Januar 2024 geschlossenen Vertrag für sich geschlossen habe. Später habe er 
eine weitere Person hinzufügen wollen, mit der er das Coaching sowie das Geschäft zusammen habe machen wollen. 

Auch habe man sich die Arbeit teilen wollen, wobei er für die Webseite zuständig habe sein sollen."

Und weiter:

"Der Anwendbarkeit des FernUSG auf den vorliegenden Vertrag steht zudem weiterhin entgegen, dass eine Überwachung des Lernerfolgs nicht geschuldet war.

Die Kammer verkennt dabei nicht, dass die vom Gesetz vorgesehene Überwachung des Lernerfolgs hinsichtlich ihrer Voraussetzungen im Gesetz nicht näher bestimmt ist und daher unter Berücksichtung der Entstehungsgeschichte der Norm und der Intention des Gesetzgebers weit auszulegen ist und auch bereits eine einmalige Überwachung des Lernerfolgs ausreichend sein kann (…).

Ausgehend von dem vorbezeichneten Maßstab kann auf der Grundlage des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags nicht festgestellt werden, dass eine Überwachung eines Lernerfolgs geschuldet war.

So legt bereits die Beschreibung des Kursinhalts als Zugang zu einem Videokurs mit wöchentlichen Zoom Calls als „Bonus“ und „Kontakten zu exklusiven Agenten“ nicht nahe, dass eine Wissensvermittlung stattfindet, die zu einer weiteren Qualifikation des Teilnehmers führt.

Nach dem Inhalt des Programms geht es zudem darum, Lehrinhalte zu den Themen Produktsuche, Onlineshop Aufbau und Marketing zu erhalten. Bereits hieraus ergibt sich, dass nicht eine Vermittlung von Wissen stattfindet, die zu einer weiteren Qualifikation des Teilnehmers führt. Vielmehr sollen die jeweiligen Teilnehmer offenbar in die Lage versetzt werden, sich selbst im gewerblichen Bereich mittels eines Online-Shops zu etablieren. Das Programm entspricht somit eher einem Coaching, welches eine individuelle Unterstützung auf Prozessebene darstellt, ohne direkte Lösungsvorschläge zu liefern oder individuelles Wissen zu vermitteln."

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