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Kategorie: Onlinerecht

EuGH: Fernabsatzrechtliche Widerrufsbelehrung bei nur begrenztem räumlichen Platz oder begrenzter Zeit

Der EuGH (Urt. v. 23.01.2019 - Az.: C-430/17) hat sich zu der Frage geäußert, in welchem Umfang ein Unternehmer gegenüber seinen Kunden die fernabsatzrechtliche Muster-Widerrufsbelehrung einsetzen muss, wenn nur ein begrenzter räumlicher Platz oder nur begrenzte Zeit zur Verfügung steht.

Die Antwort des EuGH ist:

"Die Frage, ob in einem konkreten Fall auf dem Kommunikationsmittel für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum bzw. begrenzte Zeit zur Verfügung steht (...) ist unter Berücksichtigung sämtlicher technischer Eigenschaften der Werbebotschaft des Unternehmers zu beurteilen. Hierbei hat das nationale Gericht zu prüfen, ob – unter Berücksichtigung des Raumes und der Zeit, die von der Botschaft eingenommen werden, und der Mindestgröße des Schrifttyps, der für einen durchschnittlichen Verbraucher, an den diese Botschaft gerichtet ist, angemessen ist, – alle in Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie genannten Informationen objektiv in dieser Botschaft dargestellt werden könnten."

Wichtig dabei ist, dass der EuGH nicht verlangt, dass dies zeitgleich geschieht, sondern es reicht eine zeitlich versetzte Abfolge:

"Angesichts der Bedeutung des Widerrufsrechts für den Verbraucherschutz ist die vorvertragliche Information über dieses Recht für den Verbraucher von grundlegender Bedeutung und erlaubt ihm, die Entscheidung, ob er den Fernabsatzvertrag mit dem Unternehmer abschließen soll oder nicht, in Kenntnis der Sachlage zu treffen.

Um von dieser Information vollumfänglich profitieren zu können, muss der Verbraucher im Vorhinein die Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts kennen. Wird der Vertrag mittels eines Fernkommunikationsmittels geschlossen, auf dem für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum bzw. begrenzte Zeit zur Verfügung steht, ist der Unternehmer nicht verpflichtet, dem Verbraucher zeitgleich mit dem Einsatz dieses Kommunikationsmittels das Muster‑Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B dieser Richtlinie zur Verfügung zu stellen.

Zum einen ist nämlich der Umstand, anhand dieses Mittels vor dem Abschluss des Vertrags über ein solches Musterformular zu verfügen, nicht geeignet, die Entscheidung des Verbrauchers zu beeinflussen, einen Fernabsatzvertrag zu schließen oder nicht; zum anderen würde eine Pflicht, dem Verbraucher dieses Musterformular unter allen Umständen zur Verfügung zu stellen, die Gefahr in sich bergen, dem Unternehmer eine unverhältnismäßige – oder in bestimmten Fällen wie insbesondere telefonisch geschlossenen Verträgen – sogar untragbare Last aufzuerlegen. Insoweit ist die Mitteilung dieses Musterformulars auf andere Weise in klarer und verständlicher Sprache ausreichend."

 

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