In einem aktuellen Wettbewerbsverfahren hat das LG Hamburg (Beschl. v. 03.07.2014 - Az.: 312 O 322/12) entschieden, dass den Schuldner einer einstweiligen Verfügung auch die Pflicht trifft, ausländische Proxy- und VPN-Anbieter auszusperren.
Die beiden Parteien des Rechtsstreits, Blizzard und Bossland, streiten schon seit längerem und intensiv miteinander.
Das LG Hamburg hatte in der Vergangenheit durch Urteil <link http: www.dr-bahr.com news bestaetigt-blizzard-laesst-bot-software-fuer-diablo-iii-verbieten.html _blank external-link-new-window>(Urt. v. 19.07.2012 - Az.: 312 O 322/12) entschieden, dass Bossland seine Bot-Software "Demonbuddy" nicht mehr anbieten darf, die es "Diablo III"-Spielern ermöglicht, Spielzüge zu automatisieren. Die Robenträger sehen in der Software einen unzulässigen Behinderungswettbewerb nach <link http: www.gesetze-im-internet.de uwg_2004 __4.html _blank external-link-new-window>§ 4 Nr. 10 UWG. Durch "Demonbuddy" erfolge ein empfindlicher Eingriff in das Spielesystem von "Diablo III". Denn die ehrlichen Spieler, die die Bot-Software nicht benutzen würden, seien verärgert und demotiviert, "Diablo III" weiter zu spielen. Der Reiz eines Spieles im Mehrspieler-Modus liege darin, dass sich die Spieler miteinander messen könnten. Dieser Anreiz gehe jedoch verloren, wenn das Game-Balance aus den Fugen gerate und durch Bots verfälscht werde.
Das gerichtliche Verbot - damals im Beschlusswege mittels einer einstweiligen Verfügung - lautete wörtlich:
"...im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens Software anzubieten und/oder zu verbreiten, die es Spielern des von der Antragstellerin herausgegebenen Online-Spiels „Diablo III" ermöglicht, Spielzüge in dem Spiel „Diablo III" zu automatisieren."
Bossland versah nun seine Webseite mit einer Zugriffsperre für deutsche IP-Adressen und wies seine Zahlungsdiensteanbieter an, keinen deutschen Zahlungsmittel mehr zu akzeptieren.
Dies sah das LG Hamburg jedoch als nicht ausreichend an. Denn diese Sperren könnten durch die Nutzer leicht umgangen werden. Mittels Proxy-Server- und VPN-Dienste könne die IP-Sperre problemlos vermieden werden. Da die Zahlung auch mittels PayPal möglich sei, helfe auch die Begrenzung auf nicht-deutsche Zahlungsmittel nicht weiter.
Es sei davon auszugehen, dass die an dem Produkt Interessierten überdurchschnittliche Computer- und Internet-Kenntnisse besitzen würden und es Ihnen daher technisch leicht falle, diesen Umweg wahrzunehmen.
Bossland habe daher dafür Sorge zu tragen, dass Besucher, die über einen Proxy-Server oder eines VPN-Dienst kämen, ebenfalls von der Nutzung der Seite ausgeschlossen würden. Zumal nicht ersichtlich sei, dass hierdurch erheblich in die Interessen von Bossland eingegriffen werde, da außer einer Umgehungshandlung grundsätzlich kein erkennbarer Grund für die Nutzung eines Proxy- oder VPN-Dienstes bestehe.
Gegen Bossland wurde ein Ordnungsgeld iHv. 10.000,- EUR festgesetzt.
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Eine Entscheidung, die juristisches Neuland betritt.
Zutreffend ist, dass den Schuldner eines gerichtlichen Verbots grundsätzlich alle Pflichten treffen, die Untersagung einzuhalten. Die entscheidende Frage ist jedoch: Überspannt das LG Hamburg hier nicht klar diese Sorgfaltspflichten?
Die Behauptung des LG Hamburg ist nämlich folgende:
"Dies ist der Schuldnerin zur Befolgung der Verbotsverfügung allerdings zuzumuten, zumal nicht ersichtlich ist, dass — anders als zu dem Zweck der Umgehung der IP-Sperre — in relevantem Umfang die Website der Schuldnerin mittels eines Proxy-Servers oder eines VPN-Diensts angesteuert wird."
Was bedeutet genau "relevantem Umfang"? Und: Es gibt durchaus eine andere Gründe, einen Proxy-Server oder einen VPN-Dienst einzusetzen, ohne dass der User eine Umgehungshandlung im Hinterkopf hat.