Die Werbung mit der Aussage "unabhängiger Versicherungsmakler" ist irreführend, wenn der Berater eine Vergütung vom Versicherer erhält (OLG Dresden, Urt. v. 28.10.2025 - Az.: 14 U 1740/24).
Die Beklagte war eine Versicherungsmaklerin. Diese warb auf ihrer Website mit Statements wie
“unabhängiger Versicherungsmakler”
und
"unabhängige Beratung“.
Auch stellte sie den Abschluss einer gesetzlich vorgeschriebenen Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung als besonderen Vorteil für den Kunden dar:
"Als Versicherungsmakler sind wir unseren Mandanten zum Schadensersatz verpflichtet.
Sollten wir uns einmal irren und Dir durch unsere Fehleinschätzung ein Schaden entstehen, haften wir dafür. Für diese Fälle haben wir eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung abgeschlossen, die bei möglichen Schäden einspringt. Für unsere Kunden ist das ein großer Mehrwert und im schlimmsten Fall ein doppeltes Netz."
Die Klägerin sah darin eine irreführende Werbung und bekam vor dem OLG Dresden Recht.
1. Keine Unabhängigkeit:
Die beiden Aussagen zur Unabhängigkeit führten die Verbraucher in die Irre, so die Richter.
Viele Kunden würden darunter verstehen, dass ein Makler keine finanziellen Vorteile vom jeweiligen Versicherer erhalte.
Tatsächlich verdiene ein Makler aber meist durch Provisionen, also sei er nicht völlig frei von Eigeninteressen:
"Nach dem Sprachverständnis bedeutet "unabhängig" im Streitfall, von einem Einfluss seitens der Versicherer frei zu sein. Die Vorstellung von einem erheblichen Teil des angesprochenen Verkehrs geht dabei dahin, dass der unabhängige Versicherungsmakler frei von einer möglichen Einflussnahme dadurch sei, auch nur von einem einzelnen und erst recht von einer kleinen oder größeren Anzahl von Anbietern Vergütungen oder sonstige Zuwendungen zu erhalten.
Mit der Bezeichnung des Versicherungsmaklers als unabhängig gewinnt ein relevanter Teil des Verkehrs den Eindruck, der Versicherungsmakler stehe zu keinem Anbieter in einem Provisionsverhältnis oder einer sonstigen Abgängigkeit und sei schon
deshalb auch frei von der Möglichkeit eines vorrangigen Provisionsinteresses. (…)Tatsächlich erhält die Beklagte wie grundsätzlich jeder Versicherungsmakler regelmäßig Vergütungen von den Versicherungsunternehmen. (…) Das Provisionsannahmeverbot bildet den entscheidenden Unterschied zum Versicherungsvermittler (…). Indem der Gesetzgeber dieses Verbot dem Versicherungsberater auferlegt, soll seine Unabhängigkeit gewährleistet werden. (…)
Die Beklagte nimmt zu Unrecht das darauf beruhende besondere Vertrauen in Anspruch, indem sie sich als unabhängig geriert. Dies ist geeignet, den (…) Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte."
2. Werbung mit Selbstverständlichkeiten:
Die Aussage, eine gesetzlich vorgeschriebene Haftpflichtversicherung sei ein “großer Mehrwert”, stelle einen Verstoß gegen die Werbung mit Selbstverständlichkeiten dar.
Derartige Versicherungen seien für Makler ohnehin verpflichtend. Es sei somit unzulässig, dies als als Besonderheit hervorzuheben:
"Da die Beklagte aber hinzusetzt, dieser Umstand stelle für ihre Kunden "einen großen Mehrwert und im schlimmsten Fall ein doppeltes Netz" dar, handelt sie unlauter.
Denn sie stellt eine Selbstverständlichkeit als eine Besonderheit dar. Die Selbstverständlichkeit ergibt sich daraus, dass Versicherungsmakler nach § 34d Abs. 5 S. 1 Nr. 3 GewO i.V.m. §§ 11, 12 VersVermV zur Erteilung der Erlaubnis der IHK eine Versicherung nachweisen müssen, die Deckung für die sich aus der gewerblichen Tätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden gewährt.
Die vermeintliche Besonderheit ergibt sich aus der Formulierung, die für den durchschnittlich verständigen Verbraucher den Eindruck erzeugt, hier - im Vergleich zu anderen Versicherungsvermittlern - besonders abgesichert zu sein, was aber nicht der Fall ist."