Die Werbeaussage der FIFA, eine vollständig klimaneutrale Fussball-Weltmeisterschaft auszurichten, ist irreführend (LG Berlin II, Urt. v. 16.10.2025 - Az.: 52 O 53/23).
Die weltweit bekannte Federation Internationale de Football Association (FIFA) warb für die WM 2022 wie folgt:
“Die FIFA und das Gastgeberland haben sich verpflichtet, 2022 ein vollständig klimaneutrales FlFA-Turnier auszurichten und damit einen Maßstab für Umweltverantwortung in der Region zu setzen.”
und
“Die Nachhaltigkeitsstrategie für die FIFA Fußball-Weltmeisterschaft Katar 2022 beinhaltet eine umfassende Reihe von Initiativen, um die turnierbedingten Emissionen zu verringern, darunter energieffiziente Stadien, emissionsarme Transportmittel und nachhaltige Abfallbehandlung.”
und
“Darüber hinaus werden die verbleibenden unvermeidbaren Emissionen kompensiert, um eine vollständig CO2 - neutrale Veranstaltung zu gewährleisten.”
Die Klägerin sah in diesen Erklärungen ein unzulässiges Greenwashing und bekam vor dem LG Berlin Recht.
Die Aussagen der FIFA seien irreführend und damit unzulässig. Wer umweltbezogene Begriffe wie “klimaneutral” oder “nachhaltig” verwende, müsse sehr klar und transparent erklären, was damit gemeint sei. Die FIFA habe nicht ausreichend dargelegt, in welchem Verhältnis Emissionen reduziert oder nur durch Kompensationsmaßnahmen (wie CO₂-Zertifikate) ausgeglichen wurden.
Auch Begriffe wie “energieeffiziente Stadien” oder “emissionsarme Transportmittel” seien zu vage, weil nicht erläutert werde, worin konkret die Einsparungen bestünden. Die Verlinkung auf fremdsprachige (meist englischsprachige) Informationen reiche nicht aus. Denn viele Verbraucher könnten solche Seiten und Texte nicht verstehen. Daher müsse die Aufklärung schon direkt auf der deutschen Website erfolgen.
Auch wenn die WM 2022 bereits vorbei sei, könne die FIFA ähnliche Aussagen bei künftigen Turnieren wiederholen. Daher bestehe eine Wiederholungsgefahr.
"Der Begriff „vollständig klimaneutral" stellt eine umweltbezogene Werbeaussage dar, für die die genannten strengen Maßstäbe gelten. Anders als in dem Urteil des BGH „klimaneutral“ wird der Begriff vorliegend zwar auf einer Internetseite und dort im Rahmen der Darstellung zum Thema Nachhaltigkeit im Fließtext und nicht blickfangartig auf dem Produkt selber verwendet.
Das ändert aber nichts an der Anwendung der strengen Maßstäbe der BGH-Rechtsprechung. Maßgeblich ist die objekive Eignung der Aussage, beim Verbraucher eine bestimmte Vorstellung über die Umweltverträglichkeit des beworbenen Produkts oder Ereignisses hervorzurufen."
Und weiter:
"Zwar wird der Begriff der vollständigen Klimaneutralität im Folgenden des Fließtextes näher erläutert und es werden darüber hinaus Verlinkungen auf weitere Dokumente vorgenommen, die weitere Informationen enthalten. Dies war jedoch nicht ausreichend. (…)
Es wäre Aufklärung nötig gewesen, ob und wie die Klimaneutralität durch Reduktion oder Kompensation erreicht wird. Die Art und das Verhältnis der Maßnahmen muss klar, transparent und richtig angegeben werden.
Da die Beklagte nicht klarstellte, in welchem Verhältnis Emissionen reduziert oder lediglich ausgeglichen werden sollten, fehlt es bereits aus diesem Grund an der geforderten transparenten Aufklärung über die konkrete Bedeutung des Begriffs „klimaneutral“. Es besteht die Gefahr, dass die angesprochenen Verkehrskreise eine viel größere Emissionsreduktion annehmen als tatsächlich geschehen. Der Einwand der Beklagten, zum Zeitpunkt der Werbeaussage hätten die konkreten Emissionsdaten noch nicht festgestanden, rechtfertigt die fehlende Aufklärung nicht.
Es lag bereits eine Prognose oder Erwartung über die Größenordnung der zu erwartenden Emissionen und der geplanten Kompensationsmaßnahmen zugrunde. Jedenfalls hätte die Beklagte im Rahmen ihrer Werbeaussagen diese etwaige Größenordnung angeben müssen, um ihrer Aufklärungspflicht ausreichend nachzukommen. Des Weiteren hätte die Beklagte darüber informieren müssen, welche Art von Kompensationsmaßnahmen vorgesehen war, z.B. Kauf von Zertifikaten oder Unterstützung bestimmter Projekte. Da diese Angaben fehlten, wurde der Verbraucher über den wesentlichen Charakter der behaupteten Klimaneutralität im Unklaren gelassen."
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.