Das LAG Rostock hat sich zur Frage geäußert, wie die Höhe des Schadensersatzes berechnet wird, wenn ein ausscheidender Mitarbeiter betriebliche Geschäftsgeheimnisse unerlaubt mitnimmt und später verwendet (LAG Rostock, Urt. v. 17.11.2020 - Az.: 5 Sa 152/19).
Die Beklagte war in der Vergangenheit bei der Klägerin angestellt. Als die Beklagte aus ihrem Job ausschied, nahm sie unerlaubt Geschäftsgeheimnisse der Klägerin mit. Es handelte sich dabei um umfangreiche Excel-Tabellen, mit denen die für den Vertrieb von Biogasanlagen erforderlichen Wirtschaftlichkeitsberechnungen erstellt werden konnten.
Die Klägerin verlangte daraufhin 320.000,- EUR Schadensersatz und stützte sich u.a. auf urheberrechtliche Normen. Ein Anspruch auf Wettbewerbsrecht war verjährt, das GeschGehG war nicht anwendbar, da der Sachverhalt bereits mehrere Jahre zurücklag.
Das Gericht lehnte den Anspruch der Höhe nach ab:
"Die Beklagte hat zwar das Recht der Klägerin als Herstellerin einer Datenbank verletzt, indem sie die Excel-Tabellen mit den Wirtschaftlichkeitsberechnungen für sich vervielfältigte.
Daraus ist der Klägerin jedoch kein Schaden entstanden. Die Klägerin hat dadurch keine Vermögenseinbußen erlitten. Mit der umgehend veranlassten Strafverfolgung der Beklagten hat die Klägerin gerade dafür gesorgt, dass ihr durch das unbefugte Kopieren der Datenbank kein Schaden entsteht. Ob dies bei einem längeren Zuwarten ggf. anders gewesen wäre, kann dahinstehen.
Bis zur Hausdurchsuchung bzw. Durchsuchung der Geschäftsräume ihrer neuen Arbeitgeberin im September 2012 ist es zwar zu Vervielfältigungen der Wirtschaftlichkeitsberechnungen sowie verschiedener Zeichnungen gekommen. Der Öffentlichkeit wurden diese jedoch nicht zugänglich gemacht. Ebenso wenig hat die Beklagte hieraus in irgendeiner Weise einen Gewinn gezogen."
Und weiter:
"Die Herstellungskosten der Wirtschaftlichkeitsberechnungen sind nicht von der Beklagten zu erstatten.
Diese Kosten sind kein Schaden, sondern notwendige Aufwendungen für den Vertrieb von Biogasanlagen, die jeweils in die Kalkulation der einzelnen Aufträge einfließen. Der Aufwand für die Erstellung und ständige Weiterentwicklung der Wirtschaftlichkeitsberechnungen amortisiert sich Stück für Stück mit jedem erteilten Auftrag.
Die Excel-Tabellen standen der Klägerin weiterhin zur Verfügung. Die Beklagte hat sie nicht gelöscht, sodass sie mit dem gutachterlich angesetzten Zeit- und Kostenaufwand neu erstellt werden mussten. Im Übrigen bedürfen die Wirtschaftlichkeitsberechnungen einer laufenden Aktualisierung, da die Marktpreise ständigen Schwankungen unterliegen. Zudem sind die fortlaufenden Gesetzesänderungen einzuarbeiten, wie die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zum 01.01.2012. (...)
Selbst wenn der Klägerin durch das Kopieren der Wirtschaftlichkeitsberechnungen ein Schaden im Hinblick auf ein an sich wirtschaftlich verwertbares Nutzungsrecht entstanden sein sollte, fehlt es jedenfalls an einer ausreichenden Grundlage für eine Schätzung des objektiven Werts der angemaßten Nutzung. Darauf hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen. Auch ein Mindestschaden ist nicht schätzbar. Die Tabellen waren ohne Aktualisierung nur während eines kurzen Zeitraums uneingeschränkt nutzbar."