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Kategorie: Datenschutzrecht

OLG Dresden: Und noch einmal: Scraping-Ereignisse kein Grund für DSGVO-Schadensersatzansprüche gegen Facebook

Das OLG Dresden entscheidet zum 3.Mal: Scraping-Vorfälle bei Facebook begründen keinen Schadensersatzanspruch nach der DSGVO.

Das OLG Dresden hat nun zum 3. Mal bestätigt, dass Scraping-Ereignisse bei Facebook nicht automatisch einen Schadensersatzanspruch nach der DSGVO begründen (OLG Dresden, Urt. v. 02.04.2024 - Az.: 4 U 1743/23).

Das OLG Dresden hatte diese Auffassung bereits in früheren Entscheidungen klargestellt und sich der Auffassung des OLG Celle, des OLG Hamm, des OLG Köln, des OLG München, des OLG Oldenburg und des OLG Stuttgart angeschlossen.

Der Kläger verlangte von Facebook mindestens 1.000,- EUR Schadensersatz wegen der Scraping-Vorfälle.

Das OLG Dresden wies die aktuelle Klage ab.

1. Kein Schaden nachgewiesen:

Es fehle bereits an einem nachgewiesenen Schaden.

Dabei unterscheidet das Gericht zwischen Daten, die immer öffentlich zugänglich sind, und Informationen, die nicht frei zugänglich sind.

a. Öffentlich zugängliche Daten:

"Soweit der Kläger seinen geltend gemachten immateriellen Schaden auf die Veröffentlichung der Daten stützt, die auf seinem Profil bei der Beklagten als „immer öffentlich“ eingestellt waren (Name, Geschlecht und Facebook-ID), scheidet die Annahme eines immateriellen Schadens schon deswegen aus, weil sich der Kläger durch seine im Zuge der Registrierung auf der Plattform der Beklagten erklärte Zustimmung mit den dabei geltenden Nutzungsbedingungen damit einverstanden erklärt hat, dass diese Daten von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden können. 

Hier bestand schon keine Verpflichtung der Beklagten, diese Daten des Klägers durch datenschutzkonforme Voreinstellungen oder technische Sicherheitsmaßnahmen vor einer Kenntnisnahme durch Dritte weitergehend zu schützen. 

Im Ergebnis können sich die vom Kläger vermeintlich verspürten Gefühle wie Angst oder Misstrauen nicht darauf beziehen, dass gerade solche personenbezogenen Daten von den Scrapern im sog. Darknet veröffentlicht worden sind, die er selbst auf der Plattform der Beklagten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat (…)."

b. Nicht frei verfügbare Daten: 

Bei den nicht frei verfügbaren Daten fehle es an einem Schaden:

"Vorliegend sind gesundheitliche oder psychische Beeinträchtigungen bereits nicht substantiiert behauptet worden. 

Dass bloße negative Gefühle wie Unmut, Unzufriedenheit, Sorge und Angst, die an sich Teil des allgemeinen Lebensrisikos und oft des täglichen Erlebens sind, Grundlage für einen Schadensersatzanspruch sein können, hält der Senat jedenfalls dann für nicht gerechtfertigt, wenn – wie hier – die Veröffentlichung der Mobilfunknummer im Internet ersichtlich keinerlei Einfluss auf die Lebensführung nach sich gezogen hat und damit ein konkreter Rückschluss von äußeren Umständen auf diese inneren Tatsachen nicht möglich ist (…). 

Vor diesem Hintergrund hält er es auch nicht für glaubhaft, dass der Kläger - wie er angegeben hat - als Folge der vermehrten Spam-SMS und Anrufe an Schlafstörungen gelitten haben will, was zum einen mit seiner eigenen Bewertung dieses Vorfalls als lediglich „ablenkend und störend“ nicht in Übereinstimmung steht und zum anderen auch nicht dem Eindruck entspricht, den der Senat im 'Verhandlungstermin vom 2.4.2024 von dem - ruhig und besonnen auftretenden - Kläger gewonnen hat.

Vor dem Landgericht hat der Kläger überdies eingeräumt, dass er die aktuell noch „ab und zu“, d.h. drei- viermal pro Woche eingehenden Spam-Anrufe kaum noch zur Kenntnis nehme und er von vielen wisse, die ähnliche Probleme hätten."

Und weiter:

"Dass der Kläger „zusätzlich Zeit und Mühe aufgewendet“ hat, um sich vor drohendem (weiteren) Missbrauch zu schützen, lässt sich nicht feststellen.

Aus seiner Anhörung durch den Senat ergibt sich vielmehr, dass er nach Kenntnisnahme von dem Scraping-Vorfall keine weiteren Konsequenzen aus dem Bekanntwerden seiner Telefonnummer gezogen hat. 

Er hat insbesondere eine Änderung seiner Telefonnummer - zur Vorbeugung gegen den angeblich befürchteten Missbrauch und auch vor dem Hintergrund der geschilderten Schwierigkeiten und Befürchtungen - nicht in Betracht gezogen, obwohl er nach eigenem Bekunden beruflich auf diese Nummer nicht angewiesen und der Kreis derjenigen, die ihn unter dieser Nummer erreichen könnten, eher überschaubar ist. 

Sein schriftsätzlicher, lediglich pauschal gehaltener Vortrag, er habe sich beobachtet gefühlt, sei hilflos gewesen und sich in Sorge und Angst befunden, lässt sich mit dieser Erklärung nicht in Übereinstimmung bringen. 

Auch hat der Kläger sich nicht von Facebook abgemeldet oder die hinterlegte Telefonnummer gelöscht. Eine Änderung der Suchbarkeitseinstellungen, die seine Auffindbarkeit über die Telefonnummer zuverlässig verhindert hätte, hat er auch nach eigenen Angaben erst unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vorgenommen, obwohl im spätestens mit der Klageerhebung die dort umfangreich geschilderten technischen Zusammenhänge hätten bekannt sein müssen. Auch insofern fehlt es an objektiven Beweisanzeichen für einen in objektiver Sicht glaubhaften Kontrollverlust.

Der Senat hat sich angesichts dessen keine ausreichende Überzeugung im Sinne des § 286 ZPO davon verschaffen können, dass vom Kläger behauptete negativen Gefühle oder psychische Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Scraping-Vorfall stehen."

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