Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe hat mit einem den Beteiligten zwischenzeitlich bekanntgegebenen Urteil die Klage einer Drogeriemarkt-Betreiberin abgewiesen, mit der sich diese gegen eine Untersagungsverfügung des Regierungspräsidiums Tübingen gewandt hatte (3 K 2412/22).
Die Klägerin betreibt bundesweit Drogeriemärkte. Sie bietet unter der Bezeichnung „Reinigungs-Handgel“ sowie „Reinigendes Handgel“ drei Produkte ihrer Eigenmarken in farbigen Kunststoffbehältern an, die mit Schmetterlingen, Clementinenspalten oder Häschen verziert und jeweils mit einem Henkel versehen sind.
Das Regierungspräsidium Tübingen hatte mit Verfügung vom 14.06.2022 das Inverkehrbringen dieser Produkte untersagt, solange diese nicht über eine Zulassung nach der sogenannten Biozid-Verordnung der Europäischen Union oder eine entsprechende Registrierung verfügten. Die Produkte enthielten als Hauptbestandteil Ethanol (Alkohol) und müssten bei der Verwendung ebenso wie ein Biozid-Produkt einige Zeit auf der Haut einwirken. Daher seien die Regelungen der Biozid-Verordnung anwendbar.
Zur Begründung ihrer auf die Aufhebung der Untersagungsverfügung gerichteten Klage hatte die Klägerin insbesondere geltend gemacht, dass es sich um Kosmetikprodukte handle. Für diese sehe das Unionsrecht eigene Regelungen in der sogenannten Kosmetik-Verordnung vor. In den Reinigungsgelen sei jeweils mindestens ein Duftstoff sowie ein Inhaltsstoff mit pflegender Wirkung enthalten. Sie würden als kosmetische Mittel angeboten und erweckten für den Verbraucher nicht den Eindruck eines Biozid-Produkts. Die Biozid-Funktion sei allenfalls zweitrangig.
Dem ist die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe nicht gefolgt. Sie hat in der mündlichen Verhandlung vom 18.09.2024 Beweis durch eine Inaugenscheinnahme der drei Produkte erhoben und anschließend entschieden, dass die Untersagungsverfügung rechtlich nicht zu beanstanden sei.
Die Biozid-Verordnung sei anwendbar.
Zwar seien Kosmetikprodukte von deren Anwendungsbereich ausgenommen, allerdings treffe dies auf die Reinigungsgele der Klägerin nicht zu. Die Unterscheidung zwischen einem Biozid-Produkt und einem kosmetischen Mittel richte sich nach einem abstrakt-objektiven Maßstab.
Es komme darauf an, wie das Produkt für einen durchschnittlichen Verbraucher in Erscheinung trete. Bei den Reinigungsgelen der Klägerin sei ein Alkoholgeruch unmittelbar nach dem Auftragen intensiv wahrnehmbar. Auch seien deutliche Warnhinweise auf den Kunststoffbehältern angebracht, die unter anderem auf eine hohe Entzündlichkeit der Produkte aufmerksam machten. Die Reinigungsgele würden in den Ladengeschäften zwischen den Handdesinfektionsmitteln platziert. Insgesamt gehe der Verbraucher nicht von einem Kosmetikprodukt aus.
Die Reinigungsgele seien für eine Anwendung ohne Wasser gedacht und zielten auf das selbständige Abtöten von Keimen und Bakterien ab. Solchen Mitteln fehle der für ein Kosmetikprodukt erforderliche Reinigungseffekt.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Klägerin kann einen Antrag auf Zulassung der Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim stellen. (SC)
Quelle: Pressemitteilung des VG Karlsruhe v. 07.10.2024