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LG München I: Hausrecht bei Internet-Foren

Das LG München I (Urt. v. 25.10.2006 - Az.: 30 O 11973/05) hatte über das Hausrecht bei Internet-Foren zu entscheiden.

Der bekannte Heise-Verlag hatte einen User gesperrt, weil dieser ihrer Ansicht nach gegen die Nutzungsbedingungen des Forums verstoßen hätte. Daraufhin meldete sich der User erneut an, diesmal unter Fiktivnamen. Dies verboten jedoch ausdrücklich die Forum-Regeln.

Zu Recht, wie die Münchener Richter nun entschieden.

Grundsätzliche habe es der Forum-Betreiber in der Hand, welchen Personen er Zugang zum Forum gewähre und welchen nicht.

"Das Recht, Beiträge in einem Internetforum der Klägerin zu veröffentlichen, steht einem Nutzer nur aufgrund eines Vertrages oder einer Gestattung zu, denn der Betreiber kann grundsätzlich jeden Dritten von seinem Forum aufgrund seines virtuellen Hausrechts ausschließen.

Dem Betreibereines Internetforums steht ein virtuelles Hausrecht zu (...). Das virtuelle Hausrecht findet seine Grundlage zum einen im Eigentumsrecht des Forumbetreibers (...)."


Der User schließe mit dem Forum-Betreiber einen Vertrag, mit dem er ausdrücklich die jeweiligen Nutzungsbedingungen anerkenne:

"Die Parteien haben am 04.04.2000 einen Vertrag geschlossen, indem der Beklagte sich unter der Identifizierungsnummer (...) und dem Benutzernamen (...) bei der Klägerin registrierte und diese die Registrierung durch eine E-Mail bestätigte.

Dadurch erwarb der Beklagte das Recht, in den Foren der Klägerin Beiträge zu veröffentlichen.

Die Klägerin räumt das Recht, in ihrem Forum Beiträge zu veröffentlichen, nur durch einen Vertrag ein. Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass ein Nutzer, bevor er Beiträge in den Foren veröffentlichen kann, sich bei der Klägerin unter Angabe seines richtigen Namens und unter Angabe einer ihm gehörenden E-Mail-Adresse anmelden muss und die Klägerin diese Anmeldung durch E-Mail bestätigen muss, bevor der Nutzer Beiträge veröffentlichen kann.

Darin liegt nach Auffassung des Gerichts der Abschluss eines Vertrages und nicht nur die Gestattung der Veröffentlichung von Beiträgen aus Gefälligkeit."


Ob eine Sperrung und somit außerordentliche Kündigung durch den Forum-Betreiber in Frage komme, erfordere eine Abwägung der Interessen im jeweiligen Einzelfall, so die Richter weiter. Für eine Kündigung spricht, wenn der Forum-User wiederholt und vorsätzlich gegen die Nutzungsbedingungen verstößt und sich nach der Sperrung seiner Person unter Fiktivnamen erneut anmeldet. Gegen eine außerordentliche Kündigung kann bei sogenannten Meinungsforen sprechen, dass die Nutzungsbedingungen iSd. der Meinungsfreiheit des Art. 5 GG auszulegen sind.

Zudem ist mit zu berücksichtigen, wie der Forum-Betreiber die Anwendung und Durchsetzung seiner Nutzungsbedingungen gegenüber anderen Nutzern handhabt.

"Dies war hier der Fall, der Beklagte hat gegen seine Vertragspflichten verstoßen und die Interessen der Klägerin derart schwer verletzt, dass dieser die Fortsetzung des Vertrages nicht mehr zugemutet werden konnte.

Nach der Sperrung des Kontos hat der Beklagte sich unstrittig mehrfach unter falschem Namen bei der Klägerin registriert und Beiträge veröffentlicht.

Darin liegt zum einen eine Verletzung der Vertragspflichten. Die Klägerin will erkennbar nur Nutzern das Recht zum Verfassen von Beiträgen einräumen, die ihren wirklichen Namen angeben. Dies war dem Beklagten auch bekannt. In der Angabe eines falschen Namens liegt darüber hinaus auch eine vorsätzliche Täuschung, die für sich allein genommen schon geeignet ist, dass Vertrauen zwischen Vertragsparteien zu zerstören und eine Fortsetzung des Verhältnisses unzumutbar zumachen.

Für den Beklagten war auch erkennbar, dass er die Interessen der Klägerin durch die Falschanmeldungen verletzte, weil diese auf die Kenntnis der Namen der Nutzer im Hinblick auf ihre mögliche Haftung für den Inhalt der Beiträge angewiesen ist. Mehrfach hat der Beklagte durch E-Mails, die er während der Sperrungen an die Klägerin schrieb, sich über die Klägerin belustigt und weitere vorsätzliche Vertragsverletzungen. angekündigt."


Und weiter:

"Nach Auffassung des Gerichts spielt es hingegen keine Rolle, ob die erste Sperrung, die wegen,des Inhalts der Beiträge des Beklagten erfolgte, rechtmäßig war. Dies wäre davon abhängig, ob diese Beiträge gegen die Nutzungsbedingungen verstießen. Dabei ist das Gericht durchaus der Meinung, dass die Nutzungsbedingungen im Lichte des Art. 5 GG auszulegen wäre, der hierfür den Beklagten stritte, und dass für die Auslegung auch zu berücksichtigen wäre, wie die Klägerin die Anwendung und Durchsetzung ihrer Nutzungsbedingungen gegenüber anderen Nutzern handhabt.

Denn die Zulässigkeit von Beiträgen muss sich in einem Meinungsforum auch danach richten, welche Inhalte und welcher Ton in den Beiträgen herrschen, mit denen sich ein Nutzer auseinandersetzt.

Selbst wenn die Beiträge des Beklagten nicht gegen die Nutzungsbedingungen verstießen und die erste Sperrung vom 22.12.2004 daher rechtswidrig gewesen sein sollte, so durfte der Beklagten dennoch nicht unter falschem Namen Beiträge schreiben. Er hätte vielmehr bei einer solchen Vertragsverletzung der Klägerin gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen."

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