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KG Berlin: Auch private Videokonferenz-Software des Richters darf bei mündlicher Verhandlung genutzt werden

In einer aktuellen gerichtlichen Auseinandersetzung hat das KG Berlin festgestellt, dass ein Richter auch seinen privat genutzten Laptop und seine private Videokonferenz-Software im Rahmen der mündlichen Verhandlung einsetzen darf (Urt. v. 12.05.2020 - Az.: 31 U 125/19).

Es ging um eine baurechtliche Auseinandersetzung, bei dem ein Ingenieur auf Zahlung seines Honorars klagte.

Die mündliche Verhandlung fand am 05.05.2020, also mitten während der Corona-Zeit, statt. Dabei verwendeten die Robenträger private Notebooks und ihre private Webkonferenz-Applikation. 

Das sei nicht zu beanstanden, so die Richter in ihrem Urteil:

"Der Rechtsstreit ist entscheidungsreif, insbesondere hat der Senat am 5. Mai 2020 eine ordnungsgemäße mündliche Verhandlung durchgeführt.

Bei dieser waren nur die drei Mitglieder des Senats im Sitzungssaal des Kammergerichts anwesend, haben dort aber eine Videokonferenz mit den Prozessbevollmächtigten beider Parteien abgehalten, die über eine Webkonferenz-Software zugeschaltet waren. Diese Vorgehensweise ist von § 128a Abs. 1 ZPO gedeckt.

Dass die von den Senatsmitgliedern genutzten Notebooks und die verwendete Webkonferenz-Software nicht vom Gericht, sondern von den Senatsmitgliedern privat gestellt waren, ist unerheblich. § 128a Abs. 1 ZPO ist insoweit keine Einschränkung zu entnehmen.

Die Verhandlung war auch öffentlich, da das Kammergericht zur Zeit der Verhandlung unbeschadet der Einschränkungen zur Eindämmung des Coronavirus für die Öffentlichkeit zugänglich und der Saal, in dem die drei Senatsmitglieder saßen, ebenfalls geöffnet war."

Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Leider lässt sich der Entscheidung nicht entnehmen, welche Software konkret zum Einsatz gekommen ist.

Aufhorchen lässt vor allem der Umstand, dass hier zu öffentlichen Zwecken (nämlich der Rechtspflege) ein Richter sein Videokonferenz-Tool zum Einsatz bringt. Es dürfte auf der Hand liegen, dass sich daraus zahlreiche unlösbare DSGVO-Folgeprobleme ergeben. 

So lebenswert die pragmatische Lösung der Richter ist, umso erstaunlicher ist es, dass mit keinem einzigen Wort die DSGVO-Problematik angesprochen wird. Vielmehr wird alle Einwendungen mit einem bloßen "... ist unerheblich"  abgetan.

Es stellt sich immer häufiger die Frage: Wie soll man als Anwalt seinem unternehmerischen Mandanten erklären, dass er sich an die strengen DSGVO-Regelungen halten soll, wenn jetzt auch die Judikative beginnt, sich nicht mehr an die Datenschutzregeln zu halten und ihre eigenen Brötchen backt?

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