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Kategorie: Onlinerecht

VG Leipzig: MDR durfte Kommentar von Facebook-Seite nicht löschen

Den Kommentar "Niedrige Renten aber die Diäten für die Politik-Darsteller werden automatisch erhöht!! Da sieht man genau wo das Land steht"  durfte der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR)  nicht von seiner Facebook-Seite löschen (VG Leipzig, Urt. v. 11.09.2019 - Az.: 1 K 1642/18).

Der MDR  betrieb auf Facebook  eine Fanpage. Angemeldete User hatten dabei die Möglichkeit, die Beiträge zu kommentieren. In der MDR - Netiquette hieß es:

"Veröffentlicht werden nur Nutzerbeiträge, die auf den jeweiligen Artikel und sein Thema seriös und sachbezogen eingehen. Nicht erwünscht sind:

- Rechtswidrige, ehrverletzende und beleidigende Aussagen
- Entwürdigungen, Verunglimpfungen, Bedrohungen und Aufforderungen zu Gewalt in jeglicher Form (...)
- Inhalte, die nichts mit dem MDR und seinen Programmen zu tun haben und Inhalte, die nicht themenbezogen sind (...)

Konstruktive Kritik ist ausdrücklich erwünscht!

Die Redaktion behält sich das Recht vor, Kommentare zu löschen. Eine Diskussion über gelöschte Kommentare findet nicht statt. Bei mehrfachen Verstößen gegen die Netiquette kann der Nutzer zeitweise oder ganz von der Nutzung des Angebots ausgeschlossen werden (Sperrung).“

Der Kläger nahm eine Vielzahl von Kommentaren an unterschiedlichen Beiträgen der Seite vor. U.a. handelte es sich dabei um folgende Erklärungen:

"Sehr geehrte Damen und Herren des MDR – Mitteldeutscher Rundfunk, Sie löschen hier permanent meine Kommentare und wie ich Ihnen mitgeteilt habe, habe ich meinen Anwalt, Herrn (...) von der Kanzlei r(...).de darüber bereits in Kenntnis gesetzt. Gestern Abend habe ich einen Kommentar von Frau ... ... kommentiert, doch dieser Kommentar wurde erneut von Ihnen gelöscht, obwohl kein Verstoß vorliegt. Warum? Nennen Sie mir Gründe!! Was Sie hier machen ist Zensur und diese werde ich mir nicht gefallen lassen.“

und

"Das sieht der MDR jedoch anders und betreibt Zensur, aber mein Anwalt wird sich darum kümmern. Denn auch mein Kommentar von gestern Abend wurde wieder gelöscht von diesen Zensoren!!"

und

"Niedrige Renten aber die Diäten für die Politik-Darsteller werden automatisch erhöht!! Da sieht man genau wo das Land steht."

Der MDR  löschte all diese Statements. Dagegen wehrte sich der Kläger nun vor Gericht und beanstandete insgesamt 14 Löschungen.

Das Gericht wies die Klage zum größten Teil ab. Nur in einem einzigen Fall, nämlich dem Kommentar "Niedrige Renten..." sei der Kläger in seinen Rechten verletzt worden.

Grundsätzlich könne sich der Kläger bei seinen Kommentaren auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 GG berufen. 

Der MDR  sei jedoch berechtigt, sein virtuelles Hausrecht entsprechend der von ihm selbst aufgestellten Netiquette auszuüben. 

Die Löschung der meisten Beiträge sei gerechtfertigt gewesen, so das VG Leipzig.

Denn es sei nicht zu beanstanden, wenn der MDR  Inhalte, die nichts ihm zu und seinen Programmen zu tun hätten und die auch nicht themenbezogen seien, als unerwünscht betrachte und in seiner Netiquette darauf hinweise, dass sich die Redaktion das Recht vorbehalte, solche Kommentare zu löschen. Ebenso sei es rechtlich unbedenklich, dass der Sender - wie in der Netiquette ausgeführt - keine Diskussion über gelöschte Kommentare zulasse.

Diese Nutzungseinschränkung erscheine auch im Licht der Meinungsfreiheit der Nutzer zur Erfüllung des mit der Einrichtung vorgesehenen Nutzungszwecks geeignet, erforderlich und verhältnismäßig.

Daher sei die Löschung der meisten Kommentare gerechtfertigt gewesen, da es sich nicht um themen- bzw. beitragsbezogene Erklärungen handle. Die Kommentare setzten sich nicht inhaltlich mit dem vom MDR zur Diskussion gestellten Beitrag auseinander.

Anders sei dies bei dem Betrag "Niedrige Renten...". Hierbei handle es sich um ein themenbezogenes Statement. In der Äußerung werde auch kein konkreter Politiker beleidigt, vielmehr handle es sich um eine zulässige, allgemeine Polemik. Diese sei vom Recht auf Meinungsäußerung gedeckt.

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