Das LG Gießen hat erneut entschieden, dass der Teilnehmer an einem unerlaubtem Online-Glücksspiel einen Rückzahlungsanspruch gegen ein ausländisches Online-Casino hat, wenn es über keine deutsche Lizenz hat (LG Gießen, Urt. v. 27.09.2021 - Az.: 2 O 227/20).
Der Kläger spielte bei der Beklagten, die ein Online-Casino mit Sitz in Gibraltar spielte. Die Beklagte verfügte über eine Glücksspiel-Lizenz aus ihrem Heimatland, jedoch über keine inländische, deutsche Erlaubnis.
Der Spieler verlangte nun die Erstattung seiner verlorenen Spieleinsätze zurück.
Zu Recht, wie das LG Gießen nun urteilte:
"Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV steht im Einklang mit dem Unionsrecht, wie das OLG Köln in seinem Urteil vom 10.05.2019 (Az. 6 U 196/18) unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwGE 160, 193 - "Internetverbot für drei Glücksspielarten, juris - Tz. 30 ff. = NVwZ 2018, 895 ff.) bestätigt hat. Die Kammer folgt dieser Rechtsprechung.
Auch eine etwaige Duldung des Angebots der Beklagten durch das Hessische Innenministerium ist nicht geeignet, das genannte Verbotsgesetz außer Kraft zu setzen und ist deshalb – jedenfalls im Verhältnis zum Kläger als Verbraucher- nicht erheblich.
Die Beklagte hat deshalb gegen die Verbotsnorm verstoßen, indem sie ihr Onlineangebot auch Spielteilnehmern aus Hessen und mithin auch dem Kläger zugänglich gemacht hat."
Der Anspruch sei auch nicht ausgeschlossen:
"Die Rückforderung ist auch nicht gemäß § 817 Satz 2, 2. Hs. BGB ausgeschlossen. Zwar könnte der Kläger mit der Teilnahme an dem rechtswidrigen Angebot der Beklagten ebenfalls gegen Gesetze verstoßen haben.
Teleologisch, d.h. aus dem Sinn und Zweck der Verbotsnorm heraus, ist die Anwendung dieser Kondiktionssperre jedoch einzuschränken. Ein Ausschluss der Rückforderung wäre zumindest in den Fällen nicht mit dem Zweck des Bereicherungsrechts vereinbar, in denen die Rechtswidrigkeit des Geschäfts auf Vorschriften beruht, die gerade den leistenden Teil schützen sollen. Dies gilt insbesondere dann, wenn bereits die Werbung zum Abschluss entsprechender Verträge dem Personenkreis, der durch das Verbotsgesetz geschützt werden soll, die Zulässigkeit der Handlung und die Rechtswirksamkeit der Verträge suggeriert.
So ist es hier. Die Regelungen des GlüStV sind (...) dazu bestimmt, dem Schutz der Spielteilnehmer vor suchtfördernden, ruinösen und/oder betrügerischen Erscheinungsformen des Glückspiels zu schützen. Auch die konkret einschlägige Verbotsnorm, also das Internetverbot gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV, verfolgt jedenfalls unter anderem den Zweck, illegales Glücksspiel zum Schutze der Spieler zu unterbinden. (...)
Diese Intention des Verbotsgesetzes würde jedoch unterlaufen, wenn die Spieleinsätze, die ein Spieler tätigt, in zivilrechtlicher Hinsicht kondiktionsfest wären, also dem Anbieter die aus dem verbotenen Glücksspiel gezogenen Nutzungen dauerhaft verblieben. Denn sein verbotswidriges Handeln hätte dann jedenfalls keine negativen wirtschaftlichen Konsequenzen für ihn, wohingegen der Spieler den gesamten wirtschaftlichen Schaden daraus hat, dass der Anbieter mit – für den Spieler nicht ohne weiteres erkennbar- rechtswidrige Spielangebote bewirbt und entsprechende Verträge abschließt."