Ein Online-Kurs zur Gründung eines Unternehmens (hier: “Dropshipping Elite Coaching”) unterliegt dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG), auch für Unternehmer (OLG Celle, Urt. v. 24.09.2024 - Az.: 13 U 20/24).
Der Kläger schloss einen Vertrag über einen Online-Kurs im Bereich Dropshipping ("Dropshipping Elite Coaching”)) der ihm den Zugang zu Lernmaterialien, einer Messenger-Gruppe und Videokonferenzen ermöglichte. Er wollte damit eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen.
Die Beklagte besaß jedoch keine Zulassung für Fernunterricht nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG).
Der Kläger bezahlte die Vergütung, forderte jedoch einige Zeit später die Rückerstattung, da der Vertrag nichtig sei, weil staatliche FernUSG-Genehmigung vorliege.
Zu Recht, wie das OLG Celle entschied.
1. FernUSG gilt auch für B2B-Bereich:
Das FernUSG gelte, so das OLG Celle, auch für den B2B-Bereich:
"Das Fernunterrichtsschutzgesetz findet aber jedenfalls auch auf derartige Handlungen zur Existenzgründung Anwendung, selbst wenn sie der unternehmerischen Tätigkeit i.S.d. § 14 BGB zuzurechnen sind.
(1) Ein anderer Senat des Oberlandesgerichts Celle hat bereits entschieden, dass das FernUSG keine Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs auf Verbraucher enthält (OLG Celle, Urteil vom 1. März 2023 - 3 U 85/22; die gegen diese Entscheidung beim Bundesgerichtshof erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wurde zurückgenommen). Begründet wurde dies damit, dass das Gesetz keine ausschließliche Anwendung auf Verbraucher vorsehe und auch eine teleologische Auslegung kein gegenteiliges Ergebnis rechtfertige. (…)
(2) Der Senat schließt sich dieser Bewertung trotz der hiergegen in der Literatur geäußerten Kritik (…) an.
Nach der Begründung des Gesetzes (BT-Drs. 7/4245, S. 13, 32) sollte dieses zwar den Teilnehmer am Fernunterricht unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes sichern und sich in die übrigen Bemühungen zum Schutz der Verbraucher einreihen. Auch seine Ausgestaltung – u.a. die Regelung eines Widerrufsrechts nach § 4 FernUSG und das Umgehungsverbot nach § 8 FernUSG – entspricht anderen Verbraucherschutzgesetzen. Es enthält aber keine ausdrückliche Beschränkung seines Anwendungsbereichs auf Verträge mit Verbrauchern. Der Verbraucherbegriff entsprach im Übrigen zu der Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes im Jahr 1976 noch nicht genau dem heutigen Begriff des § 13 BGB; insbesondere die Verbrauchereigenschaft des Existenzgründers und die insoweit maßgeblichen Abgrenzungen hat der Bundesgerichtshof im Wesentlichen erst mit den vorzitierten Entscheidungen aus den Jahren 2005 und 2007 herausgearbeitet.
Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs auf Verträge zwischen einem Unternehmen als Lehrenden und einem Verbraucher als Lernenden wäre insbesondere bei der Teilnahme zum Zweck der Existenzgründung mit dem Sinn und Zweck der Vorschriften des FernUSG nicht vereinbar."
2. Coaching-Vertrag unterfällt auch dem Anwendungsbereich des FernUSG:
Der hier abgeschlossene Coaching-Vertrag unterfalle auch inhaltlich dem Anwendungsbereich des FernUSG:
"b) Bei dem in Frage stehenden Online-Kurs handelte es sich um die entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten i.S.d. § 1 Abs. 1 FernUSG. (...)
Vorliegend war der Online-Kurs, der Gegenstand des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages war, zwar als „Coaching“ bezeichnet. Es handelte sich aber nicht um ein individuelles Coaching in dem vorgenannten Sinn. Vielmehr bestand der wesentliche Vertragsinhalt unstreitig unter anderem aus dem Zugang zu einer Lernplattform mit vorproduzierten Lernvideos. Diese waren auf die Vermittlung von Kenntnissen ausgerichtet. Ziel dieses Kurses war auch nicht allgemein etwa die Persönlichkeitsentwicklung des Klägers, sondern dessen Befähigung, eine Erwerbstätigkeit in der Form des sog. Dropshippings auszuführen. Inhalte des Kurses sollten nach den unbestrittenen Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht unter anderem Kenntnisse sein, „wie so etwas aufgebaut wird, was man braucht, auch rechtliche Tipps und Möglichkeiten zum Vertrieb, Kontakte für den Vertrieb und auch Kontakte zu Influencern“ (...).
Nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag war schließlich eine Überwachung des Lernerfolgs nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG durch die Beklagte geschuldet.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine solche Überwachung des Lernerfolgs bereits dann gegeben, wenn der Lernende nach dem Vertrag den Anspruch hat, z.B. in einer begleitenden Unterrichtsveranstaltung durch mündliche Fragen zum erlernten Stoff eine individuelle Kontrolle des Lernerfolgs durch den Lehrenden oder seinen Beauftragten zu erhalten (...).
Ausreichend ist dabei, dass eine individuelle Anleitung des Lernenden vorgesehen ist, die eine Lernerfolgskontrolle ermöglicht (...). Dieser Auslegung schließt sich der Senat an."