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Kategorie: Onlinerecht

LG Berlin: Voraussetzungen eines Wettbewerbsverbands zur Abmahnbefugnis

Das LG Berlin hat sich detailliert zu den Voraussetzungen eines Wettbewerbsverbands zur Abmahnbefugnis und der damit verbundenen Beweislast auseinandergesetzt (LG Berlin, Urt. v. 11.03.2019 - Az.: 101 O 140/18).

Der Kläger machte wettbewerbsrechtliche Ansprüche gegen die Beklagte geltend und trug vor, dass er ein Wettbewerbsverband nach § 8 Abs.3 Nr.2 UWG sei, der zur Abmahnung befugt sei. Die Beklagte war ein Energieversorgungsunternehmen und bestritt diese Berechtigung.

Das Gericht hatte sich daher mit den aus der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zu beschäftigten:

- Verfolgung satzungsmäßiger Zweck und
- sachliche, finanzielle und personelle Ausstattung

Maßgeblich sei dabei, dass bereits zum Zeitpunkt der außergerichtlich gerügten Verletzung diese Voraussetzungen bestünden hätten:

"Für das Vorliegen der vom Antragsteller darzulegenden und zu beweisenden Aktivlegitimation kommt es (...) auf den Zeitpunkt der behaupteten Zuwiderhandlungen an (...).

Nichts anderes besagt auch die vom Antragsteller zitierte Entscheidung des BGH „Sammelmitgliedschaft V "(GRUR 2007, 610): § 8 Absatz 3 Nr. 2 UWG betrifft sowohl die prozessuale Klagebefugnis als auch die sachlich - rechtliche Anspruchsberechtigung. Dementsprechend muss der Verband nicht nur im Zeitpunkt der beanstandeten Wettbewerbshandlung klagebefugt sein. Dies stellt die herrschende Meinung in der höchst - und obergerichtlichen Rechtsprechung dar (...)."

Bereits die Voraussetzung "Verfolgung satzungsmäßiger Zweck"  lehnte das Gericht ab. Die vorgelegten Nachweise seien zu pauschal und enthielten keine klare zeitlichen Angaben. Auch mehrere der genannten Aktivitäten seien gar keine satzungsmäßigen Handlungen:

"Lobbyaktivitäten bei Ministerien bzw. Kooperationsanfragen bei der Verbraucherzentrale sind gleichfalls unerheblich. Es handelt sich dabei um rein Verbands bezogene bzw. auf Stärkung der Verbandsinteressen gerichtete Maßnahmen.

Die Korrespondenz mit der Bundesnetzagentur (...) enthält Bitten um Verfolgung von Wettbewerbsverstößen, deren satzungsgemäße Verfolgung der Antragsteller gerade selbst für sich in Anspruch nimmt und ist damit für die Unterfütterung seines Vortrages zur behaupteten Aktivlegitimation nachgerade kontraproduktiv.

Die Kontaktaufnahme mit der Universität Jena (...) stellt eine kaum verhüllte Bitte um Rechtsrat speziell zu der Frage, welche Anforderungen für die Aktivlegitimation gemäß § 8 Absatz 3 Nr. 2 UWG gelten und insbesondere zum relevanten Zeitpunkt des Vorliegens der Voraussetzungen.

Welche Relevanz Presseberichterstattung für die tatsächliche Verfolgung von Satzungszwecken haben soll, erschließt sich nicht."

Ebenfalls zweifelte das LG Berlin die sachliche und personelle Ausstattung des Klägers an.

Es existierten zwar Räumlichkeiten, jedoch seien die monatlichen Mietkosten mit 138,91 EUR so gering, dass nicht von einer ernstzunehmenden Geschäftsstelle der Klägerin ausgegangen werden könne:

"Zur sachlichen Ausstattung gehörte im Oktober 2018 eine Geschäftsstelle in der S(...) Strasse, wobei der Einwand der Antragsgegnerin, die (unbestritten gebliebene) monatliche Miete in Höhe von 138,91 Euro deute auf ein nur pro - forma - Büro hin, nicht von der Hand zu weisen ist, dies auch unter Berücksichtigung der vom Antragsteller eingereichten Fotos des (einen) Raumes (...).

An technischer Büroausstattung ist ein Bildschirm und ein Drucker zu erkennen, weder Telefon noch Faxgerät (...); auch ein separater Sekretariatsarbeitsplatz ist nicht erkennbar. (...)

Wie der Antragsteller selbst unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einräumt, ist das Vorhalten einer Geschäftsstelle maßgeblich, um auszuschließen, dass ein Verband nicht lediglich vordergründig für gewinnbringende Abmahn-, Vertragsstrafeneinziehungs -und Prozesstätigkeit tätig ist. Eine fehlende Geschäftsstelle spricht gegen die Sachbefugnis des Verbandes (vgl. BGH NJW 1994, 2548 - Verbandsausstattung II).

Dasselbe muss aber gelten, wenn die Geschäftsstelle lediglich wie eine pro forma - Geschäftsstelle anmutet, was die Kammer bezüglich der Räume in der S(...) Straße in Zusammenschau der vorstehenden Ausführungen für überwiegend Wahrscheinlichkeit hält."

Ebenso unzureichend stufte die Robenträger die personelle Ausstattung ein:

"Daraus folgt, dass der Antragsteller keinen eigenen Mitarbeiterstamm - außer dem formal als Organ bestellten Geschäftsführer - aufweist, was die Kammer aber als erforderlich für die hinreichende personelle Ausstattung ansieht.

Zudem besteht hier bezüglich aller bisher für den Antragsteller tätigen Personen ein Abhängigkeitsverhältnis zur Thüringer Energie AG, welches befürchten lässt, dass der Antragsteller - entgegen dem Gesetzeszweck - vorrangig Individualinteressen eines Mitglieds verfolgt, zumal die Thüringer Energie AG zugleich gesellschaftsrechtliche Beteiligungen an anderen Mitgliedern des Antragstellers, insbesondere auch an den Stadtwerken Weimar, hält, die die eigentlich betroffene Wettbewerberin bezüglich des hiesigem Verfahren zugrundeliegenden Vorfalls sein soll."

Das Gericht lehnte daher die Befugnis des Klägers zur Verfolgung von Wettbewerbsverletzungen ab.

 

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