Kanzlei Dr. Bahr
Navigation
Kategorie: Onlinerecht

BGH: 200,- EUR Schadensersatz + 6.000 EUR-Streitwert bei Online-Fotoklau

Übernimmt ein Gewerbetreibender ungefragt das Foto eines nicht-professionellen Fotografen, besteht ein Schadensersatzanspruch iHv. 200,- EUR. Der Streitwert für den Unterlassungsanspruch liegt bei 6.000,- EUR (BGH, Urt. v. 13.09.2018 - Az.: I ZR 187/17).

Der Kläger war nicht-professioneller Fotograf und veröffentlichte auf Facebook das Foto eines Sportwagens. Der Beklagte übernahm dieses Foto und warb damit auf seiner Webseite für seine kommerzielle Veranstaltung.

Daraufhin verlangte der Kläger - unter Hinweis auf die Tabelle der Mittelstandsvereinigung Foto-Marketing (MFM)  - Schadensersatz iHv. 900,- EUR. Nämlich einmal iHv. 450,- EUR im Wege der Lizenzanalogie und weitere 450,- EUR als sogenannten Verletzerzuschlag für die Nichtnennung seines Namens. Außerdem begehrte er den Ersatz von Abmahnkosten aus einem Streitwert von 10.000,- EUR, also Abmahnkosten iHv. 887,03 EUR.

Der BGH sprach dem Kläger nur einen geringen Teil der Forderungen zu.

Die MFM-Tabelle sei im vorliegenden Fall bereits deswegen nicht anwendbar, weil es sich um keinen Berufsfotografen handle. Vielmehr sei der Schadensersatz im Wege des freien richterlichen Ermessens zu schätzen. Die vom Ausgangsgericht angenommenen 200,- EUR seien nicht zu beanstanden. Dabei fielen 100,- EUR auf den Schadensersatz aus Lizenzanalogie und 100,- EUR auf den Verletzerzuschlag:

"Das Berufungsgericht hat ausgeführt, vorliegend handele es sich um ein einfaches Foto. Mit dem Betrag von 100 € sei die Qualität dieses Lichtbilds und die Wiedergabe des vom Kläger gewählten Motivs auch unter Berücksichtigung der gewerblichen Nutzung der öffentlichen Zugänglichmachung durch den Beklagten angemessen berücksichtigt.

Der Kläger teile keine Umstände mit, aus denen geschlossen werden könne, dass vernünftige Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrags in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Einzelfalls einen 100 € übersteigenden Betrag als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten."

Der BGH wertete dabei insbesondere die unprofessionelle Darstellung als wertmindernd:

"In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass sich aus der dem Berufungsgericht vorgelegten und von ihm gewürdigten Abbildung des Fotos zahlreiche Elemente ergeben, die gegen eine professionelle Gestaltung sprechen.

Dies sind der abgeschnitten und störend in das Bild links hereinragende Einkaufswagen, der darüber befindliche abgeschnittene gelbe Rahmen mit dem ebenfalls abgeschnittenen Buchstaben "e" in offenbar orangener Farbe, der von dem Motiv des Sportwagens am rechten Bildrand wegweisende Pfeil, das über der Windschutzscheibe unmotiviert angebrachte grüne Notausgangsschild, die blauen Elemente in dem im Hintergrund des Fahrzeugs zu erkennenden Schaufenster sowie der etwa ein Fünftel bis ein Viertel des gesamten Bildes einnehmende Vordergrund aus Straßenasphalt mit einem weißen Richtungspfeil.

Alle diese Elemente sind - offenbar aus ästhetischen Gründen - in der als Verletzungsform beanstandeten Veröffentlichung des Fotos des Klägers auf der Internetseite des Beklagten nicht wiedergegeben."

Den Streitwert hielt das Gericht mit 6.000,- EUR für angemessen, wodurch Abmahnkosten iHv. 571,44 EUR anstatt der geltend gemachten 887,03 EUR anfielen.

Darüber hinaus ging die Auseinandersetzung auch um die Frage, ob der Beklagte gegen die von ihm abgegebene Unterlassungserklärung verstoßen hatte. Nachdem der Beklagte nämlich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung erteilt hatte, tauchte das Bild des Beklagten auf dem Internet-Portal eines Dritten auf. Dabei wurde auch der Beschreibungstext für die Veranstaltung des Beklagten mit veröffentlicht.

Der Kläger war der Ansicht, dass hier der Beweis des erstens Anscheins dafür spreche, dass die Veröffentlichung aus der Sphäre des Schuldners stamme und machte daher eine Vertragsstrafe geltend. 

Dies lehnte der BGH ab. Einen solchen Prima facie-Grundsatz gebe es im vorliegenden Fall nicht:

"Den vom Kläger behaupteten typischen Geschehensablauf, der Grundlage eines primafacie-Beweises für eine Verantwortlichkeit des Beklagten sein könnte, gibt es nicht. Im Internet veröffentlichte Inhalte können grundsätzlich von jedermann beliebig reproduziert werden.

Im Hinblick auf das mit dem Werbeaufdruck versehene Foto auf der Internetseite des Beklagten liegt nicht fern, dass ein an Tuning-Events interessierter Dritter von sich aus dieses Foto verwendet haben könnte, um in einem entsprechenden Forum andere Interessierte auf die vom Beklagten angekündigte Veranstaltung aufmerksam zu machen. Das gilt insbesondere bei Veröffentlichungen in Termin- und Veranstaltungskalendern im Internet.

Unter diesen Umständen lässt sich nicht sagen, die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe die Veröffentlichung auf www. (...).de weder selbst noch durch einen Dritten veranlasst, sei erfahrungswidrig. Daran ändert auch nichts, dass durch diese Veröffentlichung die wirtschaftlichen Interessen des Beklagten gefördert wurden."

Rechts-News durch­suchen

31. Oktober 2024
Online-Marktplätze haften für Urheberrechtsverstöße ähnlich wie Video- und Sharehosting-Plattformen und müssen bei Kenntnis präventiv gegen weitere…
ganzen Text lesen
24. Oktober 2024
Luftbildaufnahmen von urheberrechtlich geschützten Kunstwerken, die mit Drohnen erstellt wurden, fallen nicht unter die Ausnahmeregelung der…
ganzen Text lesen
23. Oktober 2024
Private Briefe und Tagebücher sind nur dann urheberrechtlich geschützt, wenn sie eine besondere geistige Schöpfung aufweisen.
ganzen Text lesen
18. Oktober 2024
Der Vertrieb von Software, die nur temporäre Variablen im Arbeitsspeicher einer Spielkonsole verändert, verletzt nicht den Schutz von…
ganzen Text lesen

Rechts-News durchsuchen