Facebook darf bei einem Verdacht auf Verbreitung einer Hassrede (“Hate Speech“) einen Beitrag vorübergehend löschen und den Nutzer so lange sperren, bis der Verdacht geklärt ist. Dies hat das Landgericht Frankenthal in einem aktuellen Urteil entschieden.
Ein Facebook-Nutzer aus Ludwigshafen hatte im Oktober 2019 den Beitrag eines Satiremagazins geteilt. In diesem wurde unter der Überschrift: „Schrecklicher Verdacht: War Hitler ein Gamer?“ ein Foto von Adolf Hitler gezeigt, der auf einem Sofa sitzt und scheinbar den Controller einer Spielekonsole in der Hand hält. Facebook löschte den Beitrag kurzfristig und sperrte den Nutzer vorübergehend unter Hinweis auf seine Gemeinschaftsstandards. Hiernach kann Facebook insbesondere dann in die Konten seiner Nutzer eingreifen, wenn „Hate Speech“ geteilt wird oder durch Beiträge Hassorganisationen unterstützt werden.
Obwohl Facebook noch am selben Tag den Beitrag wiederhergestellt und das Profil des Nutzers erneut aktiviert hatte, wollte der Nutzer vom Landgericht festgestellt wissen, dass das Vorgehen des Plattformbetreibers rechtswidrig war.
Einen derartigen Anspruch hat die auf Wettbewerbs- und Urheberrechtsstreitigkeiten spezialisierte 6. Zivilkammer nun zurückgewiesen. Nach dem Urteil ist Facebook durch seine wirksamen Gemeinschaftsstandards berechtigt, Beiträge zu überprüfen und Nutzerkonten zu deaktivieren, wenn durch die Inhalte die Standards verletzt werden. Dies gilt auch bei einem bloßen Verdacht auf einen Verstoß, der sich später nicht bewahrheitet: Im Rahmen einer ersten Überprüfung bestehe ein gewisser Ermessensspielraum, ohne dass dies im Falle einer fehlerhaften Einschätzung gleich weitere Rechtsfolgen nach sich ziehe.
Im konkreten Fall habe der Facebook-Nutzer den Beitrag des Satiremagazins kommentarlos geteilt und sich vom Inhalt auch nicht distanziert. Deshalb habe Facebook bei einer ersten Prüfung auf eine Unterstützung der Ziele von Adolf Hitler bzw. der Nationalsozialisten als terroristischer Vereinigung schließen können, so die Kammer. Der Nutzer habe durch sein Verhalten ein Eingreifen selbst veranlasst. Nach der Entscheidung des Gerichts hat eine schnelle Reaktion damit bei verdächtigen Beiträgen Vorrang vor den Nutzerinteressen.
Mit derselben Begründung hat die Kammer dem Facebook-Nutzer auch kein daneben gefordertes „Schmerzensgeld“ in Höhe von 1.500 Euro zugesprochen. Hier sei schon nicht ersichtlich, wieso die Sperrung des Nutzerkontos für ein paar Stunden einen solchen Wert begründen sollte. Im Übrigen komme der Nutzung des sozialen Netzwerks bei einer Privatperson bereits kein Vermögenswert zu.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, da der Facebook-Nutzer gegen das Urteil Berufung zum Pfälzischen Oberlandesgericht in Zweibrücken eingelegt hat.
Landgericht Frankenthal, Urteil vom 08.09.2020, Az. 6 O 23/20
Quelle: Pressemitteilung des LG Frankenthal v. 28.10.2020